Bilder des Wahns
Nathanael huscht die graue Wendeltreppe hinauf. Coppelius kommt, der unheimliche Freund seines Vaters, und die Kinder müssen verschwinden, ins Bett. Wo Nathanael dann hellwach liegt und lauscht. Doch ist es wirklich Coppelius, diese düstere Schreckensgestalt, die später am Tod seines Vaters beteiligt sein wird? Oder nicht vielmehr, wie dem Jungen seine Amme zuraunt, der Sandmann, der den Kindern, die nicht schlafen wollen, händeweise Sand in die Augen streut, bis diese blutig herausfallen und er sie seinem Nachwuchs verfüttern kann?
In dieser Kindheitswelt, das wird in E.T.A.
Hoffmanns Erzählung ebenso wie in Lilja Rupprechts Inszenierung rasch klar, ist nichts so, wie es scheint. Protagonist Nathanael beobachtet aufmerksam, was die Erwachsenen so treiben – und macht sich, zwischen dem Schweigen der Eltern und den Schauergeschichten der Amme, seinen eigenen Reim darauf. In ihrer Inszenierung im Großen Haus des Schauspiel Frankfurt taucht Rupprecht ab in die wahnhafte Wahrnehmung Nathanaels, der in seinem Studienort auf einen Mann trifft, den er für Coppelius hält – und prompt zurückgeworfen wird in seine Kindheitsängste.
Mitja Over spielt diesen Nathanael mit berührender ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein
- Alle Theater-heute-Artikel online lesen
- Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Theater heute Juli 2025
Rubrik: Chronik, Seite 60
von Esther Boldt
Noch ein Sprint zum Schluss. Ulrich Khuon kennt die Langstrecke, dreizehn Jahre Konstanz, sieben in Hannover, neun am Thalia und 14 am DT – da lief quasi schon die Verabschiedungsfeier in den Ruhestand, als die Mail aus Zürich eintraf. Nochmal ganz was Neues: ein Jahr, keine zweite Chance, kein Turnaround in der dritten Spielzeit. Es sei wie «die Eigernordwand...
Was sehen wir, wenn wir in den Spiegel blicken? Folgt man dem Philosophen Boris Groys, dann muss die naheliegendste Antwort auf diese Frage brüsk zurückgewiesen werden: Natürlich nicht uns selbst! Das war schon immer ein Irrtum, findet Groys, dessen Beweisführung in «Zum Kunstwerk werden» beim mythischen Narziss abspringt, um zielsicher beim Selfie zu landen....
Eine irisierende Tapete, eine Kombination aus Sessel mit angrenzender Couch. Der Flur führt direkt auf ein Fenster, das aber offensichtlich nur Tapete ist. Eine Pferdekopf-Statue links, eine Fensterfront mit Gardinen rechts. Es sieht alles sehr gepflegt aus, aber auch, als wolle einer mehr sein als er ist. Zu gewollt, zu künstlich das alles (Bühne Hannes Hetta).
Ei...
