Am Mast
Wer schon einmal das Bild des «Floß der Medusa» betrachtet hat, kam sicher nicht umhin, sich die Ereignisse vorzustellen, die hier angedeutet werden. Nach einem Schiffbruch 1816, verantwortet von einem unerfahrenen und eitlen Kapitän, wird ein Teil der Crew ihrem Schicksal auf offener See überlassen. Nur fünfzehn überleben die fast zweiwöchige Höllenfahrt, die von Hunger, Gewalt und Kannibalismus geprägt ist.
Die Frage an ein Theaterstück über jene wahre Geschichte dürfte also auch sein: Was, wenn das Floß der Medusa zum Leben erweckt würde? Was würde es uns über die Menschen auf diesem Floß erzählen? Die Inszenierung von Mirjam Loibl am Theater Magdeburg hat darauf ihre ganz eigene Antwort.
Die Regisseurin setzt auf modern-minimalistische Form, die auf klare Kostüme, ein ein -faches, aber wirkungsvolles Bühnenbild und das bloße Spiel setzt: Der Ort des Geschehens besteht aus blauen Bühnenteilen, die einer gleichförmigen Wellenform folgen – bis das Schiff auf Grund geht und die Crew dem tosenden Meer überlässt.
Die gehobene Gesellschaft der Mitreisenden tritt von Anfang an vor Selbstbewusstsein strotzend vor das Publikum, in purpurhellen französisch anmutenden Kostümen (Anna Maria ...
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Theater heute Mai 2025
Rubrik: Chronik, Seite 59
von Anna Hoffmeister
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