Viele Welten im Gepäck
Als machtlose Seherin, eine dunkle Mischung aus Melania Trump, Kassandra und Elfriede Jelinek, schritt sie 2017 barfuß und in wehenden Gewändern durch dekadente gol -dene Fransen in Philipp Preuss’ Inszenierung von «König Ubu/Am Königsweg». Ungehört fabulierend, mal fast unscheinbar durchsichtig, mal wütend bellend, mal tänzerisch-ätherisch.
Als zerzauste Clownin Chou-Chou, eine versponnene und puppenhafte Greisin, bewegte sie sich würdevoll durch Roberto Ciullis Clowns-Arbeiten, jene jahrzehntelange, rätselhafte, meist stumme Theaterreise über das Lachen und die Vergänglichkeit.
Filigran, zart und krass war sie als blonde, überschminkte Mary Tyrone 2015 in Ciullis Inszenierung von Tennessee Williams «Eines langen Tages Reise in die Nacht», die sie ganz und gar nicht hysterisch, sondern empathisch spielte – eine, der das Leben eben mitgespielt hat. Oft war sie eine jugendliche Liebhaberin, deren Schönheit irgendwo ein wenig entgleist war. Mit Manierismen spielte sie, immer etwas anders als die anderen war sie. Woher kam nur diese rätselhafte Welt-Erschöpfung und jungenhafte Leichtigkeit zugleich?
Nicht vergessen kann ich auch ihre Doppelfigur im «King Lear», 2006: Als verstoßene ...
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Theater heute Juli 2023
Rubrik: Nachruf, Seite 54
von Dorothea Marcus
Links zu allen deutschsprachigen Bühnen auf theaterheute.de
ANNABERG-BUCHHOLZ, EDUARD-VON-WINTERSTEIN-THEATER
2. Preußler, Keine Angst vor Hotzenplotz
R. Michal Sykora
22. Preußler, Krabat
R. Jasmin Sarah Zamani
AUGSBURG, SENSEMBLE THEATER
1. nach Tschechow, Familienglück!
R. Sebastian Seidel
HALBERSTADT, NORDHARZER STÄDTEBUNDTHEATER
1. Jacobs und Netenjacob,...
Die Symptome hat er früh erkannt, genau beschrieben und dann doch in ihrer Bösartigkeit noch unterschätzt. «Drei Jahre Geschichte einer Provinz» skizziert Lion Feuchtwanger in seinem 800- Seiten-München-Roman «Erfolg» (erschienen 1930), in dem die leicht schrulligen und in ihrer Weltsicht ein wenig beschränkt gezeichneten Bewohner der bayerischen Hochebene zwischen...
Da sitzt sie an der Rampe, die elegante Abendgesellschaft, die Damen in hellen, paillettenglitzernden Kleidern, die Herren im Frack – und erzählen von dieser Nacht, die alles ändern sollte. Einem von ihnen fallen derweil immer wieder die Augen zu, das Kinn auf die Brust, und dann kippt er auf den Schoß seines Sitznachbarn, nur um sich gleich wieder verdattert...
