Souverän zerknittert
Die besten Jahre sind vorbei, die Frau ist tot, die Rente ist da. Tony Webster hat Pech, der Historiker ist zu intelligent für die kleine Restexistenz in seinen bescheidenen vier Wänden, die er sich doch eigentlich wünscht. Er muss denken; er kann nicht anders, als sich zu erinnern.
Er macht das, wo sonst, bei sich zu Hause. Hier führt er zwischen Schreibtisch, Kochzeile, Waschbecken und Sessel für sich selbst sein eigenes Kopftheater auf.
Er arbeitet mit der Wand als Tafel und der ausgebrannten Glühbirne als Gegenüber, er imitiert Gesichter, Stimmen, Ticks, er baut sich Blickachsen und Gänge, um sich seine Geschichte zu erzählen, um die anderen Figuren auftreten zu lassen, wieder und wieder, so darf man vermuten. Wir wollen die Geschichte hier nicht wiederholen: Julian Barnes hat sie in seinem ebenso eleganten wie lebensklugen Roman «Vom Ende einer Geschichte» 2011 aufgeschrieben.
Letztendlich dreht sich das Leben von Tony Webster um Veronica. Sie ist eine Frau, mit der er zu Beginn des Studiums eine Liason, aber keinen Sex hatte, die ihn gedemütigt hat und die dann seinen Freund Adrian zum Manne nahm.
Es ist ein unerfülltes Leben, in falschen Voraussetzungen verstrickt, ein ...
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Theater heute August-September 2014
Rubrik: Chronik: Frankfurt/Main, Seite 66
von Peter Michalzik
Erste Szene.
Ungebetene Gäste
Ein großes Zimmer, vom Boden bis zur Decke und von der Wand bis zum Fenster vollgestopft mit allem möglichen Krempel. Hinten links ist der Flur mit einem großen Kleiderschrank und der Wohnungstür zu sehen. Rechts ein Fenster mit zugezogenen Vorhängen, weiter hinten die Tür zum Nachbarzimmer. Bücherregale, aufeinandergestellte...
Das «gegenständliche Leben für fünf Schauspieler», so der Untertitel von Dmytro Ternovyis «Hohe Auflösung», endet für Jelena kurz vor Stückschluss leider ebenfalls gegenständlich: Ein Pflasterstein trifft sie tödlich am Kopf. Der Brocken kommt zwar nicht zufällig durchs Fenster geflogen, aber er hätte genauso gut vorbeifliegen können. Jelena hat einfach kein Glück...
Es ist widersprüchlich, was auf einen einprasselt, wenn man sich heute für Bühnen- und Kostümbild als Beruf entscheidet: Einerseits ist offensichtlich, dass das Visuelle einen enormen Bedeutungsschub in der gesellschaftlichen Wahrnehmung erfährt. Bilder, und damit auch die Bilder jeder Inszenierung, sind in der Foto-, Film und Symbolflut der Massenmedien, online...
