Kommando Himmelfahrt

Von Total- bis Kasperletheater: Vegard Vinge und Sebastian Hartmann inszenieren Ibsens «Peer Gynt» und Zuckmayers «Der Hauptmann von Köpenick» an der Berliner Volksbühne und am Staatstheater Cottbus

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Zu Beginn des zweiten Aktes rammelt Peer eine Schaufensterpuppe. Von allen Seiten – oben, unten, seitlich, sitzend, liegend, stehend, schließlich im Bühnengebirge talabwärts rutschend –, immer im selben soundverstärkten Stakkato-Rhythmus, in den eine hochgepitchte Frauenstimme unablässig «Peer!» ruft. Maschinell freudlos ist diese minutenlang hämmernde Penetration, an deren Ende Peer die schöne, reiche Bauerntochter In -grid sitzen lässt.

Dabei hat er sie eben noch von ihrer eigenen Hochzeit entführt! «Hol die Pest Euch Weiber alle», pöbelt Peer ihr in der alten Christian-Morgenstern-Übersetzung hinterher. Bei Vegard Vinge ist das nicht nötig, Ingrids Objektivierung als Sexdoll spricht bereits Bände. Abbilden, Überzeichnen und Wiederholen – mit diesem Drei-Schritt-Verfahren penetrieren Vegard Vinge, Ida Müller und Trond Reinholdtsen nicht nur die ersten anderthalb Akte von Ibsens «Peer Gynt», sondern auch acht Stunden lang das Publikum in der Berliner Volksbühne. Tatsächlich hat der Arbeitsschutz den insgesamt «48 Stunden», die die Aufführung Vinge zufolge dauern soll, einen Riegel vorgeschoben; stattdessen gliedert sich die Aufführungsserie nun in sechs Einheiten à acht Stunden. ...

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Theater heute November 2025
Rubrik: Aufführungen, Seite 6
von Eva Behrendt

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