Kino: Glotzt nicht so romantisch!
Es ist eine wahre Geschichte, fast vergessen: der Streit um die Verfilmung des unerwarteten Sensationserfolgs der «Dreigroschenoper» 1928 im Theater am Schiffbauerdamm. 1930 landete er vor Gericht. Brecht hatte ein eigenes Filmexposé dafür geschrieben, «Die Beule», sehr viel schärfer und politisch pointierter als die Erfolgsoper um den Bettlerkönig Peachum und den Gangster Macheath. Die Nero-Film-AG «als politisch neutrale Firma» jedoch wollte es für Georg Wilhelm Pabsts Verfilmung dann lieber doch nicht verwenden.
Brechts Urheberrechtsklage wurde vom Gericht abgewiesen, der Dramatiker, der gerne mit seiner eigenen «Laxheit in Fragen des geistigen Eigentums» kokettierte, stilisierte in einer dialektischen Volte in seinem Text «Der Dreigroschenprozess» die Niederlage um zum «soziologischen Experiment». Eine «Inszenierung der Wirklichkeit», die zum gewünschten Ergebnis führte: der Entlarvung von Kunst als Ware, der Justiz als williger Helfer ökonomischer Interessen. Die Artivisten des «Zentrums für politische Schönheit» hätten ihre reine Freude an Brechts Coup gehabt.
Um eine imageschädliche Revision zu vermeiden, zahlte die Filmfirma Brecht allerdings in einem Vergleich 21.000 ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein
- Alle Theater-heute-Artikel online lesen
- Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Theater heute Oktober 2018
Rubrik: Magazin, Seite 78
von Barbara Burckhardt
Da stehen sie nun, Auge in Auge: Die Frau im weißen Paillettenoverall, die Fledermausärmel wie Engelsflügel ausgebreitet, eine schillernde Lichtgestalt – und der Mann, breites Kreuz, Tribal-Tattoos, verrußtes Gesicht. Seine Kollegen mutmaßen, die Liebe habe ihn getroffen, doch Yank selbst wird später sagen, er habe sich nicht verliebt, sondern verhasst in diese...
Seit genau zehn Jahren macht Steffen Mensching Theaterarbeit im ostdeutschen Hinterland. Als Intendant der Bühne in Rudolstadt hat er in der Zeit das Vertrauen seines Publikums gewonnen, hat gegen die Rechten in der Stadt gekämpft – und obendrein seinen vierten Roman geschrieben, das 800 Seiten starke Opus «Schermanns Augen». Wer mit Mensching spricht, wird hören,...
Ein Musical, ausgerechnet. Mit Andreas Doraus «König der Möwen» entwickelte sich das in der avancierten Theaterwelt vielgeschmähte Genre schon Wochen vor der Premiere zum Publikumsrenner beim Internationalen Sommerfestival im Hamburger Kulturzentrum Kampnagel. Nicht etwa eine Parodie, sondern ein echtes Musical, mit schmissigen Songs von Elektropop-Urgestein Dorau,...
