Die Zurichtung einer Rasenden
Man kann die Frau nur beneiden: Sie hat es aus ihrer bröckeligen Schwarzmeer-Heimat bis in die mitteleuropäische Hauptstadt geschafft, die neue Villa wurde von abstiegsbedrohten Alteigentümern vermutlich günstig abgelöst, zwei muntere blonde Knaben tollen übers Parkett, im Zimmer steht der neueste Designer-Chic, an der Wand zwei Quadratmeter Plasmascreen, edle Seidenroben umschmeicheln ihren noch sehr ansehnlichen Body, und der gutaussehende Gatte schaufelt Geld wie Dreck. Er hat beste Kontakte im Gasgeschäft, dreht mindestens das mittelgroße Rad.
Außerdem ist der alerte Businessman aus Georgien, die neue Staatsbürgerschaft hat er auch schon arrangiert, auf ordentliche Assimilation bedacht: Keiner, der noch in der Küche den Wodka zu den Blinis kippt, die Kinder sollen zu Hause gefälligst deutsch sprechen und Klavierunterricht gibt’s sowieso.
Frau Medea darf man im Kasino des Wiener Burgtheaters also gratulieren. In der sehr freien Bearbeitung des Mythen-Stoffs von Grzegorz Jarzyna (Buch Michal Walczak) ist sie endlich im Westen angekommen, und zwar auf dem Erste-Klasse-Ticket mit Goldener Kundenkarte. Trotzdem fährt Sylvie Rohrer, als sie in einer ruhigen Minute allein am ...
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In den ersten sieben Spielzeiten der Direktion Bachler standen im Burgtheater insgesamt vier Shakespeare-Inszenierungen auf dem Spielplan. In der laufenden achten Spielzeit sind es sechs, und für die Saison 2007/08 sind noch einmal sechs geplant. Sieht so aus, als hätte Klaus Bachler kurz vor Ende seiner Amtszeit noch etwas nachzuholen. Tatsächlich hatte er mit...
Langsam, fast vorsichtig nähert sich Athene. Über einen Steg zwischen den Zuschauern zur Bühne, wo ein junger Mann sitzt, auf dem Boden, und wartet: Orest. In der Nähe liegen schlafend – oder tot? – weitere Personen, während er ruhig der Göttin seine Geschichte schildert: vom Vater Agamemnon, der auf göttliches Geheiß die Tochter Iphigenie opferte; der wiederum...
Die meiste Zeit hält sich ein Schauspieler in fensterlosen, künstlich beleuchteten Räumen auf, in denen er entweder probt oder vor Publikum auftritt. Vielleicht ist Ingo Hülsmann deshalb so gern im Freien unterwegs und legt oft, wenn ihm besonders viel durch den Kopf schwirrt und seine Rolle ihn nicht loslässt, auch die Strecke zum Theater zu Fuß zurück. Daraus...