Die Schutzbefohlenen
Die Festung Europa bröckelt, aber sie hält stand. In Ungarn stehen Stacheldrahtzäune, Kroatien macht die Grenzen dicht, der Zugverkehr zwischen Wien und München ist immer wieder unterbrochen, und die deutschen Asylgesetze wurden ruckzuck verschärft. Elfriede Jelinek, die mit «Die Schutzbefohlenen» das europäische Drama beschrieben hat, bringt ihren Text mit einem «Appendix» auf den neuesten Stand. Der syrische Schauspieler und Theatermacher Ayham Majid Agha lebt in Berlin, spielt am Maxim Gorki Theater und hat einiges zu sagen über Assad, den Krieg und den IS: eine Begegnung.
Die Eroberung der Welt als Bild, das war einmal, denn Bild ist ja Herstellen. Die Menschen werden aber nicht hergestellt, und sie bleiben nicht, wo sie hingestellt werden. Sie kämpfen um ihre Stellung, das ist keine Stellung, so wie Sie sich das vorstellen, das ist einfach, wie sie sind. Sie haben es aufgegeben, dem Seienden ein Maß zu geben, denn das Maß ist noch nicht geschöpft, in das sie hineingehen. Sie gehen aber. Sie gehen weiter. Keine sonnengebräunten Wangen, aber wunde Herzen, tränenkundig, ja, weinen, das können sie. Sie müssen es können, alle außer Ärzten und Sehern, denen es schon vergangen ist, ...
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Theater heute November 2015
Rubrik: Festung Europa, Seite 36
von Elfriede Jelinek
Mit der Frage, ob das Theater die Gesellschaft verändern kann, hält sich das Bonner Schauspiel nicht lange auf. In Bonn wird die Welt gerettet. Und das schon zum zweiten Mal. «Save the World II Climate Change» heißt das Festival in der Halle Beuel, der alten Jutespinnerei. «Art and Science» nennt sich der Versuch, der öffentlichkeitsfernen Wissenschaft etwas...
Die Dramen sind nur so gut, wie ihre Zeiten schlecht sind. Wer wusste das besser als Heiner Müller? Mit dem Untergang der DDR sei sein Stoff verschwunden, ließ Müller schon kurz nach der Wende wissen. Der Stoff eines Landes, dessen Wirklichkeit bereits im landläufigen Sinne des Wortes «dramatisch» war, konfliktgesättigt, voller Zermürbungskämpfe in der Kluft...
Hin und wieder kommt es vor, dass in alten Bibliotheken Partituren barocker Komponisten oder auf Dachböden Gemälde alter Meister gefunden werden. So etwas Ähnliches ist jetzt mit einem Stück des am 26. August 2005 verstorbenen Grazer Dramatikers Wolfgang Bauer geschehen. Bei den Vorbereitungen für eine Ausstellung über den steirischen Komponisten Franz Koringer...
