Der Realitäts-Komplex

Mit der RAF hat Nicolas Stemann sich in seiner Hamburger Inszenierung von Elfriede Jelineks «Ulrike Maria Stuart» ausgiebig beschäftigt. Jetzt war er im Kino und hat Uli Edels «Baader Meinhof Komplex» gesehen

Theater heute - Logo

Was Film von Theater unterscheidet, ist vor allem der intensivere Realismus des Films. So heißt es. Im Film können Dinge so abgebildet werden, dass der Zuschauer sie glauben kann. Im Theater weiß man immer, dass nur gespielt wird. Man weiß, dass das, was passiert, nicht «real» ist. Und so hat Theater dann auch eine größere Distanz zur Realität als der Film. Da ist das Theater im Nachteil.

Wirklich?

Vor über zwei Jahren traten in meiner Inszenierung des Jelinek-RAF-Textberges «Ulrike Maria Stuart» zwei Männer in Frauenkleidern vor den Vorhang, die die ganze Zeit behaupteten, Ulrike Meinhof zu sein, bei denen es sich aber, wie sich bald herausstellen sollte, in Wirklichkeit um Stefan Aust und Bernd Eichinger handelte, die gekommen waren, um mittels eines Trailers ihren neuen Film «Der Untergang Teil II – Die letzten Tage von Stammheim» zu bewerben. 

Was hier vielleicht nach einer albernen Thea­terszene, nach einem irrelevanten Regietheater-Gag klingt, hat sich mittlerweile als prophetische Vision herausgestellt!

Denn genau so ist es gekommen: Genau so! Tatsächlich stehen Bernd Eichinger und Stefan Aust auf der Medienbühne des diesjährigen deut­schen Herbstes, in bunten Leibchen als ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Theater-heute-Artikel online lesen
  • Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Theater heute November 2008
Rubrik: Akteure, Seite 20
von Nicolas Stemann

Vergriffen
Weitere Beiträge
Portrait Dimiter Gotscheff

 

Lustig ist Gotscheff nie, komisch nur manchmal, grotesk fast immer. Die Kategorie des menschlichen Mitleids stellt er nur zur Verfügung, wenn er Figuren inszeniert, auf die Heiner Müllers Satz «Und immer noch rasiert Woyzeck seinen Hauptmann» zutrifft.

Aus ihnen macht er Giacometti-Figuren, aber reine Opfer sind auch sie nicht, sondern in ihrem Opportunismus ein...

Kleine Schiebungen im Sinn

Schreib aber hin, dass ich ein seriöser Autor bin», ermahnt mich Felicia Zeller am Ende unseres Gesprächs, laut lachend: «Schreib nicht hin, macht nur Witze und lacht, das kann ich nicht ausstehen. Oft ist ja das Niveau sehr niedrig, beim Journalisten. Da stehen dann so Sachen drin, welche Farbe die Brille hat und welche Witze ich mach, wenn denn der Witz...

Lange Tage an der Wall Street

Vielleicht zur Abwechslung mal wieder ein gutes Buch lesen? Oder ein Abend im Theater?