Der Cliffhanger
In Hamburg scheint an diesem späten Freitagnachmittag die Sonne. Vor dem Hauptbahnhof steht ein langgestrecktes weißes Zelt, davor ein Schild: «Wir nehmen KEINE Kleiderspenden entgegen.» Fröhliche junge Frauen in gelben Helferwesten machen Quatsch mit fröhlichen kleinen Kindern von dunkler Hautfarbe. Junge Männer tigern rauchend auf und ab.
Von der Bank auf dem Mittelstreifen kreischt die Stimme eines Verrückten: «Ihr Deutschen mit den Ausländern, seid ihr waaaahnsinnig?»
Seit ein paar Tagen nimmt das gegenüberliegende Schauspielhaus Ausländer auf, Flüchtlinge, die am Hauptbahnhof «gestrandet» sind, wie es euphemistisch heißt. Sechs Tage vor Spielzeitbeginn hatten rechte Gruppierungen einen «Tag der Patrioten» ausgerufen, in der Innenstadt beharkten sich rechte und linke Demos für oder wider eine «Willkommenskultur», während am Hauptbahnhof die überfüllten Züge einrollten. Man entschied spontan: Wir öffnen das Haus. Die Mitarbeiter, Schauspieler, Dramaturgen, Techniker besorgten Matratzen, Kleider und Essen, sie führen zur Dusche durch die labyrinthischen Gänge des Hauses und bespaßen Kinder, denen die chaotische Reise in den Knochen sitzt. «Wenn man anfängt nachzudenken, wie man ...
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Theater heute November 2015
Rubrik: Aufführungen, Seite 16
von Barbara Burckhardt
Theater heute 12/2015 erscheint am 1. Dezember
Impressum
Theather heute
Die Theaterzeitschrift
im 56. Jahrgang
Gegründet von
Erhard Friedrich und Henning Rischbieter
Herausgeber
Der Theaterverlag – Friedrich Berlin
Redaktion
Eva Behrendt
Barbara Burckhardt
Franz Wille (V.i.S.d.P.)
Redaktionsbüro
Martin Krämer
Gestaltung
Christian Henjes
Designkonzept
Ludwig Wendt Art...
Was hat Paul McCarthy nicht alles schon gefickt: Bäume, Vieh, Fässer, Augenhöhlen, Pinocchio, das weiße Kaninchen, Marilyn Monroe. Und was hat er in den letzten 45 Jahren nicht schon alles mit Ketchup, Senf, Schokolade und anderen Dickflüssigkeiten beschmiert: Arafat, Santa Claus, Nixon, Schoine Damen, Seemänner und vor allem sich selbst. Und jetzt also James Dean,...
His highness is not well.» Das kann man laut sagen. In Justin Kurzels Verfilmung der Tragödie von Macbeth wird allerdings meistens geflüstert. Es ist, als wäre die Welt da draußen, dieses majestätisch unheimliche Schottland, hinter einem Spiegel, in dem sich die Figuren mit fröstelndem Erstaunen mustern. Sind wir das, die all diese Dinge tun? Die immer neue Leichen...