Chorischer Dauerlauf

Goethe «Egmont»

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Apfelsinen und Tulpen. Die Grundausstattung ist denkbar einfach. Pünktlich zum Jahrestag der «Orangenen Revolution» hat Armin Petras in Frankfurt Goethes «Egmont» inszeniert. Was hat das eine mit dem anderen zu tun? Nun, die Farbe macht’s. Denn die erlaubt es, eine Analogie von den spanisch besetzten Niederlanden des 16. Jahrhunderts zur Kiewer Protestbewegung im November 2004 zu ziehen. Doch diesen Hintergrund zitiert Petras nur am Rande. Er schafft sich auf Frankfurts großer Bühne vor allem einen Spielplatz, auf dem er genüsslich seine Klassiker-Demontage zelebriert.


 

Zunächst geht es um irgendeinen Staat in irgendeiner Jetztzeit. Die Ordnung ist bedroht, und Magarete, die Regentin, macht Platz für Alba, den neuen Herrscher aus der Fremde. Bei Petras wird das gleich zu Beginn eine Galaveranstaltung: Wunderbar filmdivenhaft und professionell tragisch kommentiert Friederike Kammers Magarete den nahenden Karriereknick. Der ewig grinsende Machiavell (Oliver Kraushaar) reicht ihr dazu im Dinner-Jackett die Stichworte. Zum Abschied gibt es, wen wundert’s, orangene Tulpen.
 

Das eben noch regierte Volk hat weniger Sinn für Etikette. Es lungert vor den Toren und lässt sich gerne ...

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Theater heute Januar 2006
Rubrik: Chronik, Seite 45
von Kristin Becker

Vergriffen
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