Die Liebe ist ein panischer Reflex
Tschechows «Die Möwe» ist ein zwar solides, mittlerweile jedoch ziemlich ausgetretenes Paar Schuhe im deutschsprachigen Theater. Man kennt sie als Drama der alternden Schauspielkünstlerin (mit Libgart Schwarz oder Jutta Lampe oder Hannelore Hoger); als Generationenkonflikt, dem der aufstrebende Nachwuchs zum Opfer fällt (mit Ulrich Matthes); man kennt sie als melancholische Liebesverfehlungselegie (von Andrea Breth) oder als Drama des alten Mannes, der das Leben verpasst hat (von Peter Zadek), als selbstzufriedenen Großboulevard (von Luc Bondy) oder als Daily Soap (von Stefan Pucher).
Man kennt «Die Möwe» mal melancholischer und mal komischer, mal sentimentaler und mal schnöder, mal mit mehr oder weniger Rüschen, mal historisch glanzpoliert und mal zeitgenössisch aufgebürstet. Gute Schuhe halten 100 Jahre (in diesem Fall seit 1896) und tun selten weh. Im besten Fall spürt man sie nicht mehr.
In der Provinzfalle
Jürgen Gosch braucht keinen halben ersten Akt, um alles, was man über dieses Stück zu wissen glaubte, beiseite zu wischen. Der Ton ist aufgekratzt, aggressiv, genervt. In dieser Provinzfalle auf dem Gut des pensionierten Staatsrats Sorin kennen sich die wenigen Leute ...
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