Zürich
Geh, wilder Knochenmann! Die Tänzerin Giulia Tonelli sträubt sich mit Händen und Füßen in der Umarmung von William Moore. Solche Bilder vom Tod und dem Mädchen sind hier allgegenwärtig. Die Frauen werden in dieser Totenmesse als leichte Bürde geschultert oder wie eine zerbrechliche Fracht am Boden abgelegt. In «Messa da Requiem» lässt der Choreograf Christian Spuck das Ballett Zürich in der düster-dramatischen Grundstimmung von Giuseppe Verdis Requiem einen anmutigen Totentanz auf dem mit schwarzer Asche bestreuten Boden vollführen.
Der Abend besteht aus sechzehn Tableaus, die auf Verdis Komposition reagieren, ihr eine ästhetische Bildsprache entgegensetzen. Die Musik erklingt im Zürcher Opernhaus von der ersten bis zu letzten Note in einer formidablen Aufführung mit großem Chor und vier Solisten auf der Bühne, die sich wie selbstverständlich zwischen den Tänzern bewegen, während sie in höchsten Tönen vom Jüngsten Gericht und Ewigen Leben singen.
Spuck will mit seinem Ballett keine Geschichte erzählen, setzt auf Abstraktion. Entsprechend schnörkellos ist der von Christian Schmidt konzipierte Bühnenraum für diesen Tag des Zorns. Die Bühne ist ein schwarzer Kasten, ...
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Tanz Januar 2017
Rubrik: Kalender und Kritik, Seite 50
von Martina Wohlthat
Am Anfang ist allein ein Porträt Dore Hoyers zu sehen. Und auch zwischen den einzelnen Szenen ihres Zyklus lässt sich die legendäre Ausdruckstänzerin zumindest ahnen, die sich in der Silvesternacht des Jahres 1967 voller Verzweiflung vom irdischen Dasein verabschiedet hat. Eine Filmaufzeichnung der «Afectos Humanos» macht ihre Vergegenwärtigung möglich. Aber...
Sie war «solide, erdverbunden, aus schwerem Lehm, nicht aus Glas». Kein Wunder, dass sie lange Zeit nur «Die Schwester des Tänzers» war, wie der Roman von Eva Stachniak in der deutschen Übersetzung heißt. Der englische Originaltitel lautet mit mindestens ebenso großer Berechtigung «The Chosen One», denn Vaslav Nijinsky hatte Bronislava Nijinska als Opfer in...
Königsmord, Umsturz, Intrigen, Machtkämpfe – das Vokabular, das derzeit in Verbindung mit dem «Deutschen Tanzpreis» fällt, klingt mehr nach Shakespeare-Drama als nach deutscher Vereinsmeierei. Tragödie oder Komödie? Es liegt im Auge des Betrachters.
Ronald Hackelberg zum Beispiel, Ex-Vorstandsmitglied des Fördervereins Tanzkunst Deutschland (FTD), lacht...