Wacker
Mitte Oktober, Verleihung des «Deutschen Tanzpreises» im Essener Aalto Theater. Mit dabei per Zuschaltung: die Staatsministerin für Kultur und Medien, Claudia Roth, Partei: Bündnis 90/Die Grünen. Was hatte man sich nicht alles von ihr erwartet – Aufbruch, Elan, Engagement, Fortschritt ... Okay, die Zeiten sind schwierig, Krieg, Klimakrise, Energieengpass und dann noch dieses unselige Virus.
Aber was sagt Frau Roth in die Kamera? «Sehr geehrter Professor Lammert, lieber Norbert, sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, lieber Thomas Kufen, sehr geehrte Abgeordnete, liebe Mitglieder der Jury ...» etc. pp., alles schön protokollhierarchisch – und die vier Tanzpreisträger*innen? Reinhild Hoffmann, Marco Goecke, Christoph Winkler und Aktion Tanz werden ans Ende der Rede gesetzt. Die sich im Übrigen in Gemeinplätzen ergeht und nichts weiter zu zitieren weiß als ein paar Sätze von Pina Bausch. Das ist der Stand der Dinge in Sachen Tanz und Politik. Mehr Gespür bewies Juliane Raschel vom Vorstand des Dachverbands Tanz Deutschland, die den Augenblick nutzte, um den Blick «auf die aktuelle Situation im Iran zu richten, wo vor allem Frauen sich mit Tanz als Protestform selbst ermächtigen und der ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von tanz? Loggen Sie sich hier ein

- Alle tanz-Artikel online lesen
- Zugang zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von tanz
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Tanz 11 2022
Rubrik: Editorial, Seite 1
von Dorion Weickmann
Immer wieder erstaunlich, wie der Bühnenraum das menschliche Antlitz verändert, moduliert, sich selbst entfremdet. Da kreuzt ein Mann in kurzen Pluderhosen auf, über und über mit Pailletten bestickt. Sie senden lauter kleine Blitze Richtung Publikum, während der schreiend rote Mund herrisch befiehlt: «Liebe mich!» Der Kopfputz – halb Bischofsmütze, halb royales...
Roman
ABSCHIED VOM TRAUM
Vom «Traum, eine Ballerina zu sein» bis zu den Spitzenschuhen als «Folterkammern aus rosarotem Satin» in gerade einmal 30 fiebrig-intensiven, wie wirbelnden Seiten. Der dritte Teil von Sigrid Nunez’ Roman «Eine Feder auf dem Atem Gottes» handelt vom Ballettunterricht der jugendlichen Erzählerin – aber eigentlich: von der Entdeckung und...
Die Stockholmer Truppe Cullberg arbeitet heute mit drei Choreograf*innen, darunter seit zehn Jahren Jefta Van Dinther. Aber daran kann es nicht liegen, dass er nun verbal die Keule rausholt. «On Earth I’m Done» heißt sein Zweiteiler. Fertig! Schluss! Er ist nicht der Einzige, der sich dieser Welt nicht mehr zugehörig fühlt und doch weiter mit ihr leben muss. Die...