Polina Semionova
Zwei ältere Jungs zwängen sich an den jüngeren Mädchen vorbei und äugen durch den Vorhang. «Das muss ich sehen», sagt der eine. Dann greift er sich wie Siegfried an die Brust und fällt auf die Knie: «Och». Der tiefe Seufzer gilt nicht Rihanna oder Pink. Im Theatersaal der Staatlichen Ballettschule Berlin steht Polina Semionova und probt mit der Klasse 6b Variationen. «Ein bisschen frecher, verführerisch, mehr Spiel», fordert sie von einer Esmeralda und mahnt: «Das Bein nicht allzu hoch, sonst schauen- alle nur darauf.
»
Am Abend davor hat sie als Odette/Odile bis in die hintersten Ecken der Deutschen Oper gestrahlt und beim Applaus war der ganze Saal auf den Füßen. Jetzt steht sie im Ballettsaal, zierlich, bescheiden, ganz ruhig – aber mit einem Blick, dem nichts entgeht. «Alles ist wichtig», antwortet sie auf meine Frage, worauf sie beim Unterrichten am meisten achte. «Ich schaue auf Sauberkeit der Bewegungen, Form, Technik, den Ausdruck, achte auf schöne Hände und Beine – einfach auf alles.» Das muss unglaublich anstrengend sein, insbesondere nach einem «Schwanensee» am Abend davor. «Das ist es. Ich bin am Tag nach einer Vorstellung müde, doch diese Mädchen tanzen für mich, also ...
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Tanz Jahrbuch 2018
Rubrik: Die Saison 2018/19: the winners are, Seite 136
von Lilo Weber
Unter den vielen klugen, charmanten Momenten des Duetts «The Way You Look (at me) Tonight» gibt es eine Szene, in der die schottische Tänzerin Claire Cunningham ihrem amerikanischen Kollegen Jess Curtis erklärt, wie man eine Krücke am besten auf dem Boden justiert, um mit den Beinen – schwups – um sie herumzuschwingen oder die Hand so geschickt an die Gehhilfe...
Die Insel Taiwan ist die Heimat des weltberühmten Cloud Gate Dance Theatre. Was aber bedeutet «Zuhause» für ein Ensemble, das oft auf Reisen ist? Ich treffe mich mit drei Mitgliedern der Kompanie: mit -Huang Li-cheh und den Tänzerinnen Su I-ping und Huang Mei-ya, die häufig in Solopartien zu sehen sind. Was vermissen sie am meisten, wenn sie touren? «Meine Katzen,...
Für mich als Privatmensch bezeichnet Heimat etwas Vertrautes und Beruhigendes, das keineswegs die Form eines Gebäudes oder Konstrukts haben muss. Heimat kann das Gefühl von Behaglichkeit und innere-r--- -Ruhe bedeuten. Als Künstler verstehen wir Heimat gewissermaßen als unser Zentrum. Tänzerinnen und Tänzer sind ja ohnehin stets auf der Suche nach ihrer Mitte –...