Lauter Lügen
Das Literaturballett ist fast so alt wie die theatralische Tanzkunst selbst. Nicht nur, dass kein Geringerer als Molière für die Comédieballets des Sonnenkönigs verantwortlich zeichnete. Kaum dem Absolutismus entronnen und ins bürgerliche Königreich der Romantik eingetreten, feierte das Genre bereits mit «La Sylphide» einen frühen Triumph. Der erste Elementargeist, sozusagen Urahnin sämtlicher Elfenwesen im Ballettzauberwald, war der Feder des Romanciers Charles Nodier entsprungen.
«Giselle» trippelte dank Heinrich Heines Fantasie durchs Winzerdorf – und so ging es dahin, bis das 20. Jahrhundert mit Schöpfungen von Frederick Ashton, Kenneth MacMillan, John Cranko, John Neumeier, Roland Petit … die Liste ließe sich lange fortsetzen – einen Höhepunkt an den anderen reihte. Wer also als Vorlage für eine Ballettschöpfung auf Roman, Schauspiel, Dichtung verfällt, hat eine eminente Genealogie im Rücken. Das kann beflügeln oder zur Hypothek werden. Im Fall der Zürcher Ballettdirektorin Cathy Marston trifft beides zu.
Fantastische Bilder
Für ihre erste abendfüllende Kreation hat die seit Beginn der Spielzeit amtierende Britin sich Ambitioniertes vorgenommen: mit der Entscheidung, ...
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Tanz Juni 2024
Rubrik: Produktionen, Seite 4
von Dorion Weickmann
Handlungsbedarf
BÜHNENMÜTTER*
Dass Theater im Großen und Ganzen nicht unbedingt familien- resp. kinderfreundliche Betriebe sind, wird niemanden überraschen. Eine AG des «Bühnenmütter* e. V.» hat ein Jahr lang die Lage sondiert und nun einen Maßnahmenkatalog zu ihrer Verbesserung vorgelegt: langfristige Probenpläne, Abschaffung von Samstagsproben,...
DER ERBE …
Am Ende glich er der grauen Eminenz, als welche Dieter Gräfe manche sahen, auch äußerlich aufs letzte Barthaar – so als wäre er endlich eins geworden mit der Rolle, die ihm das Schicksal vorbehalten hatte. Denn eigentlich wollte er Reedereikaufmann werden. Aber im Fahrwasser John Crankos, dessen Privatsekretär er eher aus einem Zufall heraus geworden...
Mit Rabih Mroué, Omar Rajeh und Arkadi Zaides haben wir drei Künstler aus dem Libanon und Israel nach ihren Strategien künstlerischen Handelns gefragt. Vor dem Hintergrund der Konfliktlinien im Nahen Osten und den Debatten in Deutschland und Europa zu Antisemitismus, Kolonialismus und Rassismus nehmen sie radikal individuelle, kritische Positionen ein, die uns...
