Daniel Mulligan
In meiner Muttersprache, dem Englischen, beschreiben die Begriffe homeland, mother country oder home town das, was im Deutschen mit «Heimat» ausgedrückt wird. Somit ist es erst einmal recht einfach für mich, London bzw. England als meine Heimat zu nennen. Schaue ich allerdings ein wenig genauer auf mein künstlerisches und privates Leben, erscheint mir mein Verständnis von Heimat doch nicht ganz so schwarz-weiß wie anfangs gedacht. Ich lebe und arbeite seit elf Jahren in Zürich, und die Schweiz ist das einzige Land außerhalb Großbritanniens, in dem ich je gelebt habe.
Ich fühle mich hier definitiv zu Hause, denn Zürich ist die Stadt, in der ich mir als erwachsener Mensch mein selbstständiges Leben eingerichtet habe, mit sämtlichen Herausforderungen, die so etwas mit sich bringt. Zur Zeit verspüre ich jedenfalls nicht den Wunsch, nach London zurückzukehren oder nach Großbritannien. Man weiß natürlich nie, was die Zukunft bringt, ich bin mir aber schon sicher, dass ich so etwas wie heimatliche Vertrautheit empfinden würde, wenn ich nach Großbritannien zurückkehren würde.
Wenn ich jemanden zum ersten Mal begegne, der oder die mich nach meiner Heimat fragt, würde ich also ...
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Tanz Jahrbuch 2018
Rubrik: Identität, Seite 108
von Daniel Mulligan
«Wir brauchen dringend einen Ort, um unseren Bestand (Kostüme, Bühnenbilder, Mobiliar, also unsere ganze Geschichte der letzten 30 Jahre) für einen vorübergehenden Zeitraum von sechs Monaten einzulagern. Wenn Sie von einem kleinen Schuppen, Zimmer, Haus oder einem geschlossenen Raum wissen, mit Alarmsicherung und zu einem menschenfreundlichen Preis, dann helfen Sie...
Ich bin eine gebürtige Einwanderin, Tochter von Einwanderern, Enkelin von Einwanderern ... Daher ist der Begriff «Heimat» für mich persönlich seit jeher kompliziert. Als ich gerade mal ein Jahr alt war, kehrten wir in das Land zurück, das eigentlich unser Heimatland, Herkunftsland war, doch irgendwie fühlte es sich nicht mehr wie Heimat an. Wir hatten uns...
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