Zwischenreich
Eine dem Autor beruflich lange verbundene Grafikerin seufzte einmal: «Warum eigentlich dürfen bei Publikationen zum zeitgenössischen Tanz nie Tanzfotos verwendet werden?» Ihre Kümmernis bezog sich auf den damaligen Trend, alle möglichen Bewegungsphänomene zu zeigen, nicht aber choreografische Szenen auf der Bühne. Die Abneigung gegen Tanz-Illustrationen mag sich inzwischen wieder abgeschwächt haben; das Unbehagen aber bleibt.
Bloß nicht den Tanz festlegen auf eine bestimmte Erscheinungsform, auf keinen Fall den bewegten Körper feiern, niemals das Theatralische in den Vordergrund rücken.
Aber was eigentlich? Viel leichter ist es, das «nicht» zu benennen – alles das, was dem Tanz nicht zukommt: keine bestimmte Technik, keine bestimmte Ästhetik, nichts Endgültiges. Er entsteht immer neu in der Praxis, reagiert dabei auf die Bedingungen seiner Gegenwart und fürchtet daher die Geschichte als das, was schon war und nicht mehr abgeändert werden kann. Das mag zum Wesen der Kunstform passen, die immer in Bewegung sein muss und daher ständiger Veränderung unterliegt. Aber müsste man das nicht auch positiv formulieren können? Im Sinne eines «Ja» statt des ewigen «Nein» oder «Vielleicht»?
Im ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von tanz? Loggen Sie sich hier ein

- Alle tanz-Artikel online lesen
- Zugang zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von tanz
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Tanz Jahrbuch 2016
Rubrik: Ästhetik: Ins Offene, Seite 92
von Franz Anton Cramer
Unlängst schlüpfte Ida Praetorius am Kongelige Teater von Kopenhagen noch einmal in die weibliche Hauptrolle von John Neumeiers «Romeo und Julia» – die sie erstmals mit 19 Jahren innehatte, im Jahr 2013. Ungeachtet ihrer vielseitigen technischen Begabung bestach ihre damalige Interpretation nicht durch eine sonderlich persönliche Lesart. Bei der Wiederaufnahme aber...
platzt förmlich vor Energie, wenn er mit dem New York City Ballet auf der Bühne tanzt, egal ob in Balletten von George Balanchine, Peter Martins, Alexei Ratmansky oder Justin Peck. Mit seiner naturgegebenen Spannkraft, seinem biegsamen Torso und einem beachtlichen Gespür fürs richtige Atmen veredelt er die Architektur und Expressivität jeder Choreografie. Weitet...
Konsterniert debattiert man in Südkorea darüber, warum das Land so viele exzellente Tänzer hervorbringt, aber keine Nachwuchschoreografen von internationalem Format. Jaehoon Choi hat die Antwort und vielleicht sogar ein Mittel der Besserung: das Seoul Dance Center. «Viele junge Choreografen wollen Stücke kreieren, aber die Universitätsprofessoren kontrollieren die...