Splitternackt
Nackte Körper auf der Bühne, der Konvention der Kleidung entledigt: Was erzählen die bloßen Leiber? Sind sie, was seit Norbert Elias‘ 1939 erschienener Studie «Über den Prozess der Zivilisation» zu bezweifeln wäre, überhaupt «bloß»? Oder tragen sie nicht immer gesellschaftliche Markierungen und Bedeutungen mit sich, unterliegen so oder so Normen, Regeln und Tabus? Nackte Körper stehen einerseits für die Fragilität des Menschseins und das alle Menschen gleichermaßen Verbindende einer materiellen Existenz.
Andererseits sind sie geprägt von sozialen und kulturellen Kontexten, mit denen Choreografie und Regie umgehen müssen: Jede öffentliche und insbesondere jede künstlerische Inszenierung platziert den nackten Körper in einer Matrix binär oder queer codierter Gendermodelle, konventioneller oder progressiver Vorstellungen von Sexualität. Er wird zwischen «Ismen» wie Classism, Lookism, Ageism und Ableism verortet, vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Diskurse oder kunsteigener Vorstellungen von Trainingsstand, Fitness und Virtuosität betrachtet. Zu diesen Faktoren verhält sich die Inszenierung kritisch beziehungsweise affirmativ. Oder? Für den zeitgenössischen Tanz klingt das ...
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Tanz Jahrbuch 2019
Rubrik: Splitternackt, Seite 84
von Elena Philipp
Tattoos erzählen eine Geschichte, zeigen ein Gefühl oder sind kodierte Botschaft – eine Einschreibung mit magischen Kräften. In unserer selbstbezogenen Gesellschaft ist das Tattoo vielleicht die Vollendung des Fetischs: «o feitiço», der Zauber, ist mit dem eigenen Körper vereint, gehört zur Identität seines Trägers.
Tattoos auf Tänzerkörpern zu zeigen, ist die...
Eines lässt sich gewiss feststellen, blickt man auf das belgische und niederländische Tanzgeschehen der zurückliegenden Saison: In beiden Ländern setzen widrige finanzielle und organisatorische Bedingungen dem Tanz empfindlich zu. Dies könnte auch ein Grund dafür sein, dass bedeutende künstlerische Ereignisse ausgeblieben sind. Eine bemerkenswerte...
ich habe keinen talisman. ich habe auch kein kontinuierliches ritual. es gibt jedoch gedanken, die oft hochkommen, kurz bevor ich auf die bühne gehe. ich denke an meine grossmutter, die schon lange nicht mehr lebt, an ihre energie und lebensfreude, ihren blick, wie sie mich und meine ersten tanzversuche im wohnzimmer am attersee beobachtet hat und so glücklich war,...
