Spiegel

Esther Boldt berichtet über das Tanz- und Theatergeschehen, unter anderem in dieser Zeitschrift. Und sie bildet kulturjournalistischen Nachwuchs aus. Falk Schreiber sprach mit ihr über die Grenzen und Aufgaben von Kritik

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Esther Boldt, wir kennen uns schon lange, wir sind per Du – auch in diesem Gespräch, nicht als kumpelige Distanzlosigkeit, sondern als gelebte Sprachpraxis. Esther, mir wurde mal von einem Künstler vorgeworfen, dass er die ganze Arbeit macht, während wir Kritiker*innen nur beschreiben würden, was er im Vorfeld geleistet habe … 
Den Eindruck teile ich nicht. Mein Anspruch ist schon, dem Bühnengeschehen etwas hinzuzufügen, meine Arbeit ist nicht nur eine reine Wiederholung des Gesehenen.

Das Theater ist immer mehr als das, was die Künstler*innen darüber wissen, mehr als das, was durch die Intention von der spielenden Person angelegt ist, und idealerweise kann ich etwas über den Abend zurückspiegeln. Und außerdem fließen in das Schreiben über den Abend auch immer noch unsere eigene Geschichte, unsere Seherfahrungen und bestimmte Kontexte mit ein.

Dieses Zurückspiegeln, das ist ja ein schönes Ideal, und natürlich kann das den Theaterschaffenden auch helfen. Aber, um ehrlich zu sein: Die haben nicht darum gebeten. Und ungebetenes Feedback hat auch etwas Übergriffiges. 
Historisch ist die Theaterkritik ungefähr zum selben Zeitpunkt wie das bürgerliche Theater entstanden, Kritik und ...

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Tanz 4 2023
Rubrik: Kunst und Kritik, Seite 53
von Falk Schreiber

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