Rot-weiße Tage
Hat sie den Werner Schwab gelesen, den Franz-Xaver Kroetz oder beide? Die Szene könnte aus deren Theater stammen. Regungslos liegt Saskia Hölbling vor dem flimmernden Bildschirm. Vorn steht eine Zinkwanne, dazu ein Eimer und Handtücher, gestapelt. Rote Fäden durchkreuzen und begrenzen den Raum. Aus den Lautsprechern ertönt ein Walzer. Die Frau erwacht zu Leben, stakst in strengen Bahnen durch den Raum. Mühsam vermeidet sie zu stolpern über ihre zu Fallstricken geronnene, unterdrückte Leidenschaft.
An den Leinen kann sie ihre Wäsche aufhängen.
Wenn sie sie ablegt und in die Wanne steigt. Auf deren Rand lässt sie ihr linkes Bein quietschen. Dann beugt sie sich vor, will was wissen vom Organ zwischen ihren Schenkeln. Als Antwort kommt ein Plätschern. So sehr sie allein gelassen ist mit ihren erotischen Wünschen, so wenig richten sich diese an ein Mannsbild. Am Boden sitzend, dreht sie uns den Rücken zu und ruckelt vorwärts, als masturbiere sie.
Alle Bewegung geht vom Verlangen aus, doch kann sie auf ihren vierzig Quadratmetern Österreich aus Sex höchstens eine Waffe machen. Der Wunsch nach Fruchtbarkeit zerrinnt in einem Strom aus Milch, der sich über ihre Beine ergießt. Alle ...
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