Präzisionsarbeit
Bei Introdans in Arnhem gehört Lucinda Childs längst zur Familie, schließlich ist das die einzige niederländische Kompanie, die ihre Arbeiten überhaupt im Land aufführen darf. In diesem Frühjahr ist die Gruppe anlässlich von Childs’ 85. Geburtstag am 26. Juni mit einer getanzten Ode an das Œuvre der US-amerikanischen Choreografin auf Tournee.
Es handelt sich um ein abendfüllendes Programm mit fünf von insgesamt zehn Stücken im Repertoire der Arnhemer, eines davon sogar eine Weltpremiere: «Notes of Longing» (2025) zur Musik des niederländischen Pianisten und Komponisten Matteo Myderwyk.
Mühelos demonstriert die Grand Lady des Minimal Dance im Studio, wo genau die Introdans-Tänzer*innen Akzente setzen sollen. Besondere Aufmerksamkeit verwendet sie dabei auf die präzise Position der Arme bei halben, vollen oder auch Dreivierteldrehungen. Und ihre Zählschemata, die den einen oder die andere schon mal etwas kirre machen können, hängen für den Bedarfsfall noch einmal ausgedruckt an den Wänden – das Tempo muss passen. «Die Tänzerinnen und Tänzer müssen einander helfen. Wenn auch nur einer schneller oder langsamer wird, klappt das Ganze nicht. Dann fällt das ganze Muster auseinander. ...
LUCINDA CHILDS «ICON»
Man glaubt Lucinda Childs ihre 85 Jahre kaum, angesichts des Tanzabends «ICON» (beziehungsweise auf Niederländisch «ICOON») mit fünf Kreationen für die Arnhemer Kompanie Introdans, die vor Augen führen, dass die Grand Lady des Minimal Dance vor Leidenschaft und Kreativität sprudelt wie eh und je. Eines davon, das auf acht Stücke aus dem gleichnamigen Debütalbum des niederländischen Komponisten Matteo Myderwyk choreografierte «Notes of Longing» (2025), ist eine optimistische Ode an die Schönheit bewölkter Himmel: Acht Frauen und acht Männer tanzen in weiten, weißen Plisseehosen vor vorüberziehenden Wolkenformationen, die farblich von schneeweiß über hellgrau bis dämmrig-blau und abendrot changieren (Bühne, Licht und Kostüme: Dominique Drillot). In gespiegelten Formationen bilden Paare und Dreiergruppen nacheinander subtile mathematische Figuren: Arme verflechten sich, Körper streben in eleganten Sprüngen dem Sonnenlicht entgegen. Bisweilen akzentuiert Childs den steten Bewegungsfluss durch jähe, überraschende Twists, die der Leichtigkeit des Ganzen jedoch keinen Abbruch tun. So sorgt diese lichte, heitere Ästhetik für ein bisschen Weltflucht in Zeiten, die von düsteren Wolken überschattet sind. ...
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Tanz Mai 2025
Rubrik: Menschen, Seite 16
von Annette Embrechts
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