Pina Bausch

Die Schlafwandlerin der Liebe bei «Vollmond» betrachtet. Norbert Servos über die Wuppertaler Ikone im feinen fahlen Licht ihrer gleichnamigen Premiere

Tanz - Logo

Die Bemerkung stammt von Bertolt Brecht: dass die größte Wirksamkeit eines Künstlers kaum je mit der größten (öffentlichen) Anerkennung einhergehe. Will heißen: Wenn es Preise, Ehrungen und Auszeichnungen hagelt, hat sich der revolutionäre Elan des Anfangs längst verbraucht.

Das scharfsichtige Statement galt auch für den Erneuerer deutscher Dramatik selbst.

Legte der Großmeister sozialer Gesellschaftskritik in Frühwerken  wie dem «Baal» noch gezielt den Finger in die Wunden und ließ einen lustvollen Anarchismus aufstehen, so schnurrte in den sogenannten Lehrstücken mehr und mehr die Botschaft auf griffige Nenner zusammen. Eine Formel war gefunden, die fortan nur noch Variationen erlebte. Vorbei die Zeiten, in denen Brüche, Diskontinuitäten und Offenheit das Werk prägten. Der Revolutionär erschuf sich selbst zum Denkmal und erstarrte.

Nun mag man kaum einem Künstler verdenken, dass er nach zwanzig, dreißig Schaffensjahren eine wie auch immer gegründete «Sprache» gefunden hat und innerhalb dieses modus operandi lediglich Variationen kreiert. Im Gegenteil: Eher lächerlich wirkt die Pose des Berufsrevoluzzers und Dauerjugendlichen, der auch im Alter von sechzig, siebzig Jahren die ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von tanz? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle tanz-Artikel online lesen
  • Zugang zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von tanz

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Tanz Juli 2006
Rubrik: Hommage, Seite 18
von Norbert Servos

Vergriffen
Weitere Beiträge
Olga Roriz

Olga Roriz stieß in ihrem Stück «F.I.M.» (für: «Fragmente, Einschreibungen, Erinnerungen») auf lauter grundsätzliche Frage wie: «Was ist Raum?». Dazu knöpfte ein Tänzer Hemd und Hose auf und begoss sich mit Theaterblut. Raum sei, wo­rin die menschliche Existenz gesperrt ist. «Was ist Zeit?» Die im Stuhl sich windende Tänzerin antwortete, dass sie «tired for...

The year 1 after

July 5, 2005 – a day like any other at the Gulbenkian Ballet. Rehearsals, talks on the corridors, everything going smoothly. Then the news came. The ballet company had ceased to exist a few hours earlier. Suddenly all rehearsals had to end, commissions were suspended (paid for but never premiered), no more tours, no more shows.
Reactions of incredulity came from all...

Levél Budapeströl

The scene was rather unusual, admittedly, and strange things seem to happen just when you least expect it. I was sceptical about the experience in the first place: a journey through a virtual world. So it was even to my own surprise that after walking out of a round apparatus called BodySpin in Budapest earlier this month, part of a project called “Crash Test...