Newcomerin: Sofia Nappi
Schrullige Greise kramen Erinnerungen aus einem Rollkoffer: Miniatur-Instrumente und alte Tanzschritte. In Wams und Blümchenkleid schwelgen sie in einem Tanztee. Dann mischen sich fremdartige Bewegungen hinein, und irgendwann passen die grauen Köpfe nicht mehr zum agilen Unterbau, die runzligen Masken fallen.
Befreien sich hier junge Körper aus dem Denken alter Köpfe, oder fühlen sich die alten Menschen so jung, wie ihre Glieder sich bewegen? In der weichen, wogenden Sprache von Sofia Nappi blitzen Locking, Gaga und nordisch inspirierte Groteske auf, die sittsamen Figuren wirken ziellos und verkümmert, sie suchen im sepiafarbenen Dunkel nach der Identität, die ihnen abhanden kam. Das feine, detailversessene Kammerstück «IMA» war 2022 beim Stuttgarter «COLOURS»-Festival zu Gast und brachte Nappi internationale Einladungen für ihre Kompanie Komoco ein; in Auftrag gegeben hatte es Marie Chouinard für Venedigs «Biennale Danza» 2020.
Nappi mag die erdnahe Groteske, das Schlenkern und Wogen lieber als athletisch-gestreckte Körper und strahlende Jugend. Ihre Stücke sind auf unmerkliche Weise verstörend, und doch zeigen sie eine große Liebe zu den gekrümmten, in sich gekehrten Wesen. Die ...
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Tanz März 2023
Rubrik: Side step, Seite 18
von Angela Reinhardt
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