Köln on tour
Am Anfang war kein Wort. Alles noch ungesagt. Ein Haufen zerknülltes Papier auf der Bühne; darüber hängt tief eine funzelige Brutlampe. Nichts rührt sich, Stühle knarzen, Zuschauer hüsteln. Draußen, um die Alte Feuerwache in Köln herum, tobt das Leben, Kinder rufen, Rockmusik wird auf- und zugedreht. Der Berg hier knistert kaum hörbar. Ein Papier ragt heraus, fällt; ein Arm streckt sich hervor, ein gekrümmter Körper wird sichtbar, schwarz wie Kohle. Wendet langsam, raschelt, schweigt, baut sich auf vier Beinen auf wie ein breiter Käfer.
Die Füße ziehen heran, bis die kahle Schädeldecke mit den angewinkelten Knien ein Dreieck aus Kugeln bildet. Klar, man hat’s geahnt, dass unter dem kohlschwarzen Papierhaufen der Tänzer steckt, Emanuele Soavi. Doch dieses erdenlangsame Gebären oder Schlüpfen des lebendigen Wesens aus dem Hügel von toter Materie ist eine spannende Geschichte. So alt sie auch sein mag.
Dass sie hier nicht allzu vorhersehbar verläuft, liegt an der strengen Choreografin Susanne Linke, die der Kölner Tanzkünstler für sein neues Solo engagiert hat. Was oder wer da geboren wird, bleibt erst einmal rätselhaft. Das Wesen in den schwarzen Klamotten mit dem ölschwarzen Gesicht ...
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Tanz März 2015
Rubrik: kalender und kritik, Seite 42
von Melanie Suchy
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