im ohr des betrachters
Marius Petipa musste nicht lange überlegen, zu welcher Musik er Dornröschen wachküssen ließ. Er bestellte sich einfach «ein feuriges und bebendes Motiv» bei Tschaikowsky. Merce Cunningham schuf seine Choreografien unabhängig von John Cages Musik und setzte beides erst bei der Premiere zum fertigen Stück zusammen. «In meinen choreografischen Kreationen habe ich mich immer fest auf die Musik verlassen», schrieb dagegen George Balanchine.
«Es ist eine kulturelle Behauptung, dass die Musik zuerst stehe und der Tanz ihr dienen müsse», sagt William Forsythe und lässt die Tänzer per elektronischer Stimmverarbeitung ihre eigene Musik produzieren.
Allein durch die Auswahl ihres akustischen Gegenübers also treffen Choreografen bereits eine Entscheidung über ihre Musikalität. Die schwammige Vokabel beschreibt das Spannungsverhältnis zwischen Bewegung und Musik; man lobt sie als Eigenschaft vor allem bei Tänzern, bei Choreografen wird sie, falls deren Stil noch irgendeine Verbindung zur klassischen Schule hat, als selbstverständlich vorausgesetzt. Aber wann ist eine Choreografie musikalisch? Richtet sie sich nach der Struktur der Musik, nach Rhythmus, Melodie, Harmonik? Gar nach den Emotionen, ...
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Tanz August/September 2013
Rubrik: musik, Seite 82
von Angela Reinhardt
Ein Schmerz, der sich dosieren lässt. Man atmet tief in ihn hinein, atmet gegen den Widerstand an, gibt sich dem Konflikt hin zwischen gewollter Grenzerweiterung und instinktiver Grenzwahrung. Geist gegen Körper. Der Machtkampf wird nirgends so ehrfurchtsvoll zelebriert wie beim Stretching. Bis zum perfekten Spagat, wenn die Scham den Boden küsst – das...
Der Background ist beängstigend. Noch bevor das eigentliche Stück beginnt, spielt Christoph Winkler einen Soundtrack des Schreckens, der einen schon das Fürchten lehren kann, eine dumpfe Geräuschpalette, die auf eine Demonstration hindeutet, ein ohrenbetäubendes Trillerpfeifenkonzert, vereinzelte Sieg-Heil-Rufe, die das hörbare Ereignis ganz offensichtlich der...
wuppertal_________
pina 40
«Ich kann es ja mal probieren», soll Pina Bausch gesagt haben, als der Wuppertaler Intendant Arno Wüstenhöfer zum x-ten Mal versuchte, ihr die Tanzsparte seines Hauses anzutragen. Vierzig Jahre ist das her, und dazwischen liegt eine künstlerische Erfolgsgeschichte, die ihresgleichen sucht. Das Wuppertaler Tanztheater ehrt seine 2009...
