Gregor Zöllig «Winterreise»

Bielefeld

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Franz Schuberts «Winterreise» ist eine Wanderung zur Selbsterkenntnis. Hans Zender lässt in seiner Orchesterfassung die Melodien bersten im Lebenssturm. Diese angeraute Seelenmusik, gespannt zwischen die harschen Klangflächen der Bielefelder Philharmoniker unter Gregor Rot und den eher weichen Ton von Tenor Christopher Diffey, ist die ideale Grundlage für Gregor Zölligs aus trügerischen Träumen auf den harten Kern jeder Lebensreise fokussierte Interpretation am Theater Bielefeld.

 

Da durchschüttelt’s die Tänzerin gleich zu Beginn vor der eisgrauen Nebelwand aus Plastik, weht es Tanzende herein bis an die Rampenkante, wo sie flattern wie am Abgrund, Stunde der Wahrheit, und der ganze Film des Lebens läuft noch mal ab. Immer wieder referierend auf die in den Liedern gesetzten Bilder, bietet Zöllig Assoziationen eines Lebenslaufs. Da werden die Plastikbahnen zu Eissäulen, hinter denen die Geliebten erscheinen, von denen die Wanderer im Kuss wieder abgleiten, erstarrte Beziehungen. Noch einmal wiegen sich die Tanzenden wohlig zum «Lindenbaum», doch am Ende kauert sich jeder in sich zusammen, da verheißt das Lied die ewige Ruhe. Der Lindenbaum hängt längst kahl über Imme Kachels ...

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Tanz 1 2023
Rubrik: Kalender, Seite 34
von Andreas Berger

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