Getanzt wie gemalt
Malen: nichts anderes als ein choreografischer Akt? So wie der Kunstkritiker Bülent Gündüz die Entstehung eines Bildes beschreibt, erscheint die Vorstellung nicht abwegig. «Mal holt er zu weiten Gesten aus, dann wieder bedient er sich stakkatohafter, kurzer Bewegungen. Plötzlich schnellt der Arm nach vorn, der Oberkörper folgt. Er unterbricht kurz sein Schaffen, um innezuhalten, verharrt in gespannter Konzentration, dann geht er erneut daran, Farbe auf die Leinwand zu schleudern. Der Prozess wirkt wie der rituelle Tanz eines Schamanen.
Wie in Trance starrt er mit ernster Miene auf das fertige Bild, bewegt sich mit prüfendem Blick um die Leinwand herum. Irgendwann ging es ihm nur noch um die Wirkung von Farbe und Oberfläche, um die Einarbeitung von Bewegung und Rhythmus in seine Werke.»
Leinwand als Haut: Pollock in Heidelberg
Jackson Pollock wie er leibt und lebt. In seinen Bildkompositionen hat der US-Amerikaner (1912 – 1956) die eigenen Spuren hinterlassen, meist wild bewegt in ihrer Farbigkeit, oft trotzig hingetropft, mit dem Spachtel provozierend aufgeschichtet, bisweilen anschließend mit dem Messer geschlitzt, als wäre die Leinwand nichts anderes als eine Haut, deren ...
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Tanz Januar 2025
Rubrik: Kunstträume, Seite 12
von Hartmut Regitz
Newcomerin
STAV STRUZ BOUTROUS
Die Frau scheint über einem gemusterten Teppich zu schweben. Sie hält sich die Hände vors Gesicht, ihr hellgrünes Kostüm ist aufwendig mit Perlen bestickt, und ihre langen Zöpfe fallen in ein aufgeschlagenes Buch, das wie das Requisit eines Rituals anmutet. Die Szene stammt aus dem Solo «Sepia» (2021) der israelischen Tänzerin und...
Zwei Ballettdirektoren, eine Idee: Reginaldo Oliveira und Ricardo Fernando – beide Brasilianer, einer in Salzburg, der andere in Augsburg ansässig – haben die Hommage an die mexikanische Malerin Frida Kahlo zur Chefsache gemacht. Das Publikum quittiert die Umsetzung dieser so populären Künstlerinnen-Vita mit ausverkauften Vorstellungen und euphorischem Jubel. Mit...
Es ist der nahezu klassische Verlauf choreografischer Karrieren, wenn sie kraftvoll abheben: ein Auftrag folgt dem anderen, die Häuser reißen sich um den Newcomer (m/w/d), es gibt den ersten, zweiten, dritten Preis – und plötzlich taucht der Name auf zahlreichen Spielplänen auf. Wird auf Festivals hoch gehandelt, im internationalen Betrieb herumgereicht. Auf die...