Exzessmaschine

Sasha Waltz schwimmt sich mit dem zweiteiligen Abend «Beethoven 7» im Berliner Radialsystem frei vom Ruf der Großkünstlerin

Tanz - Logo

Wenn sich im Gebirge ein Unwetter verzogen hat, dann entsteht manchmal eine bemerkenswerte Lichtsituation. Die dunklen Wolken hängen tief, die Berge sind im dichten Nebel versteckt, aber direkt über dem Boden befindet sich eine klare Zone, durch die sich gleißendes Licht bricht. Es ist hell, aber die Wolken sind weiterhin da, schwarz und drohend, es könnte sein, dass sie sich noch einmal zusammenziehen – man befindet sich in einem Zwischenzustand, bei dem noch nicht sicher ist, was aus ihm wird, Gewitter oder Sonnenschein. Eine verzauberte Zone.

Martin Hauk und Jörg Bittner erschaffen mit ihrem Lichtdesign für den ersten Teil von Sasha Waltz’ «Beethoven 7» solch eine verzauberte Zone im Berliner Radialsystem. Die Bühnenrückwand ist eine dunkle Fläche, nur der unterste Bereich erscheint hell, sogar extrem hell. Und im Saal wabert derweil Kunstnebel, eine Wolkenskulptur, die zunächst auf die Bühne beschränkt ist, sich dann aber aerosoltypisch ins Publikum ausbreitet. Faszinierend: Der Nebel vollzieht eine zwar langsame aber stetige Bewegung in Richtung Zuschauer*innen, während sich die unter alienhaften Helmen (Kostüme: Bernd Skodzig und Federico Polucci) versteckten Tänzer*innen ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von tanz? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle tanz-Artikel online lesen
  • Zugang zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von tanz

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Tanz 4 2023
Rubrik: Produktionen, Seite 10
von Falk Schreiber

Weitere Beiträge
Marcos Morau «Dornröschen»

Verzückung, Verrückung, obskures Ritual: Sechzehn weiß gewandete Gestalten in Spitzenhäubchen und Krinoline kleben im Pulk aneinander. Der Raum ringsum leuchtet so rot wie die Innenmembran einer Gebärmutter, während die mysteriösen Sektierer*innen, die an das Personal eines Daphne du Maurier-Schauerromans à la «Rebecca» erinnern, unsichtbare Schicksalsfäden zu...

I will survive

Einmal hatte Marco Berrettini richtig Pech. Er arbeitete an einer Inszenierung in Paris, an einem dieser Theater mit vielen verwinkelten Korridoren und Räumen, die nur nach Eingabe eines Codes am Türöffner betretbar sind. Ein sicherer Ort, um dort sein technisches Equipment zu verwahren. Sollte man meinen. Und doch war plötzlich alles weg: Computer und vor allem...

Shakespeares Schwäne

Kaum vorstellbar, dass dieser Mann jemals schläft. Seit er Ende Februar 2022 als Zeichen seines Anti-Kriegs-Protests Moskau Knall auf Fall verließ und eine mit dem Bolschoi bereits halb erarbeitete «Bach»-Kreation in den Wind schrieb, ist Alexei Ratmansky scheinbar pausenlos unterwegs – digital oder analog. Mit der neu gegründeten, in Den Haag ansässigen...