Detlev Glanert

Aachen

«Ich bin Gott», notiert er Anfang 1919 in sein Tagebuch – und hatte recht, was seine Kunst betrifft, die ihn in den Augen seiner Zeitgenossen anbetungswürdig macht. Aber er meint wenig später auch: «Ich bin nicht Gott ... Ich bin kein Mensch ... Ich bin ein wildes Tier und ein Räuber ... Ich bin nicht Nijinsky, wie Sie denken ... Nijinsky, das bin ich.» Selbsteinschätzungen, die in ihrer Widersprüchlichkeit einen Verlust der eigenen Wahrnehmungsfähigkeit signalisieren, damit den Verfall seiner Persönlichkeit.

Schizophrenie diagnostizieren die Ärzte und sperren den «Gott des Tanzes» in ein «Irrenhaus», das Nijinsky in seinem Diarium gleichsam herbeigeschrieben hat.
«Nijinskys Tagebuch für zwei Sänger, zwei Schauspieler, zwei Tänzer und Instrumente» nennt Detlev Glanert seine Auftragskomposition für das Theater Aachen und deutet damit an, dass ihn weder der historische Nijinsky interessiert noch die Konstellation mit den Ballets Russes, sondern ausschließlich der «Textcorpus«, den er als lebendiges, wenn auch multiples Wesen begreift. «Neben Berichten aus dem Alltag», so Glanert, «stehen dort Erinnerungen, Zukunftsvisionen, Gedichte, Wortspielereien und der Zerfall der Sprache selbst; ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von tanz? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle tanz-Artikel online lesen
  • Zugang zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von tanz

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Tanz Juni 2008
Rubrik: Der Kalender, Seite 32
von Hartmut Regitz

Vergriffen
Weitere Beiträge
Brief aus Arizona

Phoenix is the fifth largest conurbation in the US. The current 5 million population is projected to swell to 12 million by 2020. It seems extraordinary that so many people can be supported by just one tributary from the “mighty” Colorado River (which apparently no longer reaches its delta). Yet before the European settlement of the US there were already more than...

Aydin Teker

Aydin Teker «harS»
Harps are not considered “sexy.” Since Marie-Antoinette they are “feminine.” And became a preferred instrument for romantic (ballet-) composers. Astonishing to see a harp in contemporary choreography, especially if it’s cast as a “dancer.” However, that’s the idea of “harS.”
“harS” is a solo the Turkish choreographer Aydin Teker worked out for and...

Kalender On Stage

stephen petronio und Company bringen die Biennale di Venezia zum Blühen. «Bloom» ist Teil einer Trilogie; «Beauty and the Brut» und «This is the Story of a Girl in a World» komplettieren das Werk, das der New Yorker Choreograf zusammen mit einem bunten Team aus Avantgarde- und Popkünstlern kreiert hat. Darunter: der Designer Ben Cho, die Musiker Antony Hegarty (von...