Der Tanz des Günter Grass
«Am Ende ereignete es sich, dass das zum Ballettabend angetretene Publikum einen Dichter liebte und es stürmisch bekundete», heißt es in der «Nacht-Depesche». Der Kritiker Klaus Kasper war im Oktober 1970 bei der Premiere des Balletts «Die Vogelscheuchen» an der Deutschen Oper Berlin zugegen. Die Choreografie stammte von Marcel Luipart, die Musik von Aribert Reimann. Der Librettist, dem nach der Uraufführung dieses Auftragswerks für die Berliner Festwochen die Zuwendung galt, war Günter Grass.
Dass Grass, der Literaturnobelpreisträger, sich mit dem Ballett beschäftigt hat, ist nie sonderlich ins Bewusstsein der Öffentlichkeit, nicht einmal ins Bewusstsein der Germanistik gedrungen. Dabei ist das Ballett bei ihm keine bloße Randnotiz. Das Thema Tanz zieht sich explizit durchs sein Werk: vom Gedicht «Die bösen Schuhe» in seinem allerersten Gedichtband «Die Vorzüge der Windhühner» aus dem Jahr 1954 über den Roman «Hundejahre» bis zum Gedichtband «Letzte Tänze» (2003), in dem er sich an seine «durchtanzte Jugend» erinnert. Auch Grass’ erster Essay aus dem Jahr 1956 ist der Ballerina und «der unnatürlichsten und damit formvollendetsten aller Künste» gewidmet. Die Ballerina bei ihrem ...
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«Rote Schuhe für den Sterbenden Schwan». Was ist damit gemeint? Ralf Stabel, Leiter der Staatlichen Ballettschule Berlin, nennt es im Untertitel seines bei Henschel erschienenen Buches: eine Tanzgeschichte in Geschichten. Er suggeriert Unterhaltung, lebendige Vermittlung von trockener Historie. Anschaulich schreiben kann er. Bisweilen wird er sogar witzig, erhalten...
Das muss der Traum eines Tänzers sein: Vor über fünf Millionen Menschen tanzen und dabei 100.000 Britische Pfund verdienen. Für Charlie Bruce wurde er am 13. Februar wahr. Sicher, die erst 19-Jährige hat die 100.000 Pfund nicht an einem Abend ertanzt, sondern Monate lang hart gearbeitet. Und fünf Millionen Zuschauer – das schaffen Tänzer nur am Fernsehen. Dort...