Alexandre Paulikevitch
Wenn Alexandre Paulikevitch aus dem Haus geht, gibt er sich aufreizend weiblich. So sieht es zumindest der Großteil der Männer in den Straßen seiner Heimatstadt Beirut, wo Paulikevitch für seine Lockenpracht, seine Haltung und seine Kleidung ausgiebig beschimpft wird. «Das ist so, seit ich mein Auto verkauft habe, um mein Stück finanzieren zu können. Seitdem muss ich zu Fuß gehen», beschreibt er den Ausgangspunkt zu seinem Solo «Tajwal», für das er die wüsten Beleidigungen selbsternannter Moralhüter von einer Schauspielerin auf Band sprechen ließ.
Auch das ist ein Tabubruch: «In den Straßen von Beirut können nur Männer sich erlauben, sich so auszudrücken», erklärt er. Paulikevitch tanzt Baladi, jenen Tanz, der aus westlich-kolonialer Sicht ein «Bauchtanz» ist, in dem sich Frauen zur Schau stellen.
Mit seinem selbstbewussten Auftreten im Straßenbild wie auf der Bühne setzt Paulikevitch ein starkes Zeichen für Offenheit und Toleranz und findet nun auch in Europa mehr und mehr Anerkennung für seine Kunst. Denn er begnügt sich nicht damit, in die Frauenrolle zu schlüpfen. Er dekonstruiert das Vokabular des Baladi und schafft eine plastische, -politische Tanzsprache, in der Bilder von ...
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Tanz Jahrbuch 2018
Rubrik: Hoffnungsträger, Seite 170
von Thomas Hahn
Sie ist eine Virtuosin. Auf Krücken. Sie ist hochspezialisiert und – beziehungsweise: weil – gehandicapt. Zwischen diesen Eckpunkten hat die schottische Performerin Claire Cunningham sich ihren eigenen -Aktionsradius geschaffen und ihren Blick auf die Welt kontinuierlich erweitert. Und den unseren als Zuschauer gleich mit.
Anfangs zeigte sie auf der Bühne...
Für eine klassische Ballerina wäre sie zu hochgewachsen, aber der Bühnentanz ist eh nicht ihr Metier. Zumindest nicht aktiv. Aber Carmen Kovacs, so heißt die Tochter einer polnischen Mutter, um die es hier geht, hat einen sehr klugen Kopf. Sie ist jung, und sie liebt, was und wen sie sieht in Trainingssälen und auf Tanzbühnen, und natürlich das, was die dort tun....
Ein verrücktes Zweiergespann sorgt in unseren angespannten Zeiten für befreiende Komik: Die Amerikanerin Gabrielle Revlock und der Russe Alexandr Frolov haben ein gewagtes «Kennenlern»-Duo kreiert, in dem Annäherungsversuche mit urkomischen, linkischen Moment gewürzt werden. «Show No Show» ist ein sprachintelligentes Flirt-Stück, dessen allzeit unvorhersehbare...
