In der Gefahrenzone

Beklemmendes Musiktheater bei der Ruhrtriennale: «Die Erdfabrik» von Georges Aperghis und Janáčeks letzte Oper «Aus einem Totenhaus»

Opernwelt - Logo

Als die Ruhrtriennale 2002 unter der Intendanz von Gerard Mortier als Kunstfestival für das Ruhrgebiet erstmals über die Bühne(n) ging, stellten sich dem Gründungsteam zwei Hauptaufgaben, an denen sich auch seine bislang sechs Nachfolger abgearbeitet haben: Wie lassen sich, erstens, die von der Industrie verlassenen Baudenkmäler von der Bochumer Jahrhunderthalle bis zu Salzlagern, Mischanlagen, Gebläsehallen und Kraftzentralen in speziell zugeschnittenen Produktionen neu definieren? Und auf welche Weise können, zweitens, Geschichte und Mentalität des «Reviers», aber auch die s

ozialen Bedingungen der Arbeit und die Transformation unserer Gesellschaft durch aktuelle Kunst abgebildet werden?

Im Rückblick zeigt sich, dass gerade die architektonische Großartigkeit und quasi-religiöse Aura der Hallen das eigentliche Kapital der Ruhrtriennale bilden, während inhaltliche Bezüge zum Ruhrgebiet oft etwas übermotiviert und verkrampft wirkten – ein Missverhältnis, das auch bei den diesjährigen Musiktheaterabenden, der Uraufführung von Georges Aperghis’ Stück «Die Erdfabrik» und Dmitri Tcherniakovs Inszenierung von Janáčeks Spätwerk «Aus einem Totenhaus», offenkundig wurde.

Dabei kann man den ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt November 2023
Rubrik: Im Focus, Seite 8
von Michael Struck-Schloen

Weitere Beiträge
Gebrochenes Idyll

In seiner fünfaktigen französischen Fassung kommt Giuseppe Verdis «Don Carlos» dem Ideal einer perfekten Oper ziemlich nahe: Alle Figuren besitzen psychologische Glaubwürdigkeit. Wenn sie auch ihren historischen Vorbildern aus den langen Kriegszeiten des 16. Jahrhunderts mit dichterischer Freiheit nachgebildet sind (was für Schillers «dramatisches Gedicht» ebenso...

Auf Leben und Tod

Als Jean-Baptiste Lully 1687 starb, stand die Tragédie en musique vor einem epochalen Umbruch. Zwei Musiker schlugen neue Wege ein – André Campra und Henry Desmarest. Campra trug den Sieg davon, weil Desmarest, der begabteste Komponist in Lullys Nachfolge, 1699 aus Frankreich fliehen musste. Es dauerte mehr als drei Jahrhunderte, bis mit der 1694 uraufgeführten...

Einmal Hölle und zurück

Madamina, il catalogo è questo»: In Simon Steen-Andersens neuem Musiktheater «Don Giovanni aux Enfers» wird Leporellos berühmte Arie nicht aufgeführt. Stattdessen erleben wir einen Katalog von derart vielen Opernzitaten, dass dieses Werk mit dem Untertitel «Aller-retour aux enfers lyriques en un acte» (Hin und zurück in die lyrische Hölle in einem Akt) beinahe wie...