Erkenntnis durch Differenz
Ein angenommenes Vergessen der Geschichte, so beschreibt es der Philosoph und Hermeneutiker Hans-Georg Gadamer, sei nicht ein Fehler des individuellen oder kollektiven Gedächtnisses, sondern gehöre vielmehr unmittelbar zum Prozess unseres Verstehens dazu. Erst das Spannungsfeld zwischen Vergessen und Erinnern ermögliche es uns, das eigene Denken in ein Verhältnis zur Geschichte zu setzen, um durch Wiederentdeckung unsere Zeit und auch uns selbst besser verstehen zu können. Glücklich ist demnach nicht, wer vergisst, sondern wer sich erinnert und etwas verändert.
In der kleinen Werra- und ehemals kulturell sehr bedeutsamen Residenzstadt Meiningen, wo das Staatstheater nach der Diakonie der zweitgrößte Arbeitgeber ist, wird sich weiterhin emsig erinnert: Philipp Adlung, Leiter der Meininger Museen, strickt sehr erfolgreich an einem Konzept für ein Deutsches Theatermuseum im Meininger Schloss Elisabethenburg. Mit Recht: Der sogenannte Theaterherzog Georg II., dessen 200. Geburtstag im kommenden Jahr die Spielzeit 2026/27 in Meiningen gewidmet ist, war seinerzeit als Regisseur und Bühnenbildner europäisch für das Schauspiel das, was Wagner für die Oper war: ein großer Reformator, ...
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Opernwelt November 2025
Rubrik: Im Focus, Seite 16
von Achim Heidenreich
Der Satz hat Format und einige dialektische Würze. «The past is never dead. It’s not even past». So steht es in William Faulkners 1951 erschienenem Roman «Requiem for a Nun». Auch Detlev Glanert und der Librettist Reinhard Palm stellen diese philosophisch klugen Worte in deutscher Übersetzung («das Vergangene ist niemals tot, es ist nicht einmal vergangen») dem...
Ein riesiger rosa Elefant stolziert vor unserem inneren Ohr durch die Oper von Oslo. Das Tier trägt den Namen «Richard Wagner». Das Geheimnis hinter der Erscheinung hat zunächst mit Antonín Dvořáks Märchenoper «Rusalka» zu tun, deren wunderbare Musik in sanft romantischem Glühen von der Sehnsucht spricht. Es hat aber auch mit dem Chefdirigenten des Hauses zu tun:...
Erfreuliche Botschaft für Autoren von Biographien: Es ist nicht komplett sinnlos, über Komponisten zu schreiben! Zwar mag das 500. Buch über Richard Wagner verzichtbar sein und das zehnte über Clara Schumann erst recht, aber in den Grüften der Musikgeschichte dämmern nach wie vor unzählige Vergessene, Verdrängte und Vernichtete dem Tag ihrer literarischen...
