Wenn Blicke töten könnten: Venera Gimadieva (Lucia) mit Chor; Foto: Daniel Koch/360-berlin

Alles stimmt

Donizetti: Lucia di Lammermoor
Dresden | Semperoper

Opernwelt - Logo

Stühle, ein Tisch, ein Bett, alles schwarz. Auch die Wände. Darauf vertikal nebeneinander gereihte Leuchtstoffröhren. Kaltes, hartes Licht trifft die hellgepuderten Gesichter, blasse Menschen in schwarzen Kleidern. Weiß sind die Bettlaken, weiß ist Lucias Hochzeitskleid. Schwarz-Weiß, doch so bleibt es nicht. Davon kündet schon der Rotwein, den die Hochzeitsgesellschaft hinunterspült. Davon kündet Lucias Vision von der Frau, der Leiche im weißen Kleide voller Blut, die aus der Quelle emporsteigt. Lucia sieht sich selbst. Sie ist nur für kurze Zeit Lichtbringerin ihrer Familie.

Die Bühne der «Lucia di Lammermoor» an der Dresdner Semperoper benötigt nicht viel, um zu wirken. Regisseur Dietrich W. Hilsdorf schafft es mit wenigen Mitteln, die Geschichte jener jungen Frau zu erzählen, die zunächst zum Instrument des Machterhalts ihres Bruders wird. Und sich durch die Tötung des Zugedachten und Selbstmord dieser Instrumentalisierung dann doch entzieht. Kein Nebelwabern, kein Mondenschein, keine Kerzenleuchter. Stattdessen Kargheit, Projektionen. Anfangs wird der Tisch zur Bahre mit dem Sarg der (toten?) Mutter, dann zum Verhandlungstisch, zur Hochzeitstafel und am Ende erneut zur Bahre – ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt Januar 2018
Rubrik: Panorama, Seite 40
von Nora Sophie Kienast

Weitere Beiträge
Dieser Tage

Ein starkes Stück, allerdings nicht einfach zu lesen. «Marie und Robert», das Drama des früh verstorbenen Aargauer Pfarrers, Lehrers und Schriftstellers Paul Haller, ist in einem pointierten Schweizer Dialekt geschrieben, der dem Leser einiges abverlangt. Vielleicht aber wirkt das Stück gerade darum so direkt, so eindringlich. Es rufe förmlich nach Musik, befand...

Aus dem Familienalbum

Ekstase oder Eklektizismus? Kunst oder Kasperletheater? Kühler Kopf oder heiße Luft? Vielleicht auch der Versuch, auf einer bestens polierten Glatze eine Locke zu drehen (um Karl Kraus zu variieren)? Es geht um die «Ring»-Kur in drei Dosierungen – als «Hagen», «Siegfried» und «Brünnhilde» –, die Tatjana Gürbaca (Regie), Bettina Auer (Dramaturgie) und Constantin...

Qualitätsarbeit ohne Firlefanz

Das Markenzeichen der English Touring Opera? Klar, die Herumtreiberei. Aber auch eine verblüffende musikalische Kompetenz, ein betont schlichter Inszenierungsstil – und ein Programm, das so manchem gut finanzierten Theatertanker als Vorbild dienen könnte.

Nominell hat die ETO ihren Sitz in der Hauptstadt, doch eine feste Spielstätte gibt es nicht: Landesweites...