Muskelspiele
Wenn es tagt, dann wendet sich auch der König der Sonne zu. Der Helligkeit, der Kraft, der Erkenntnis. Ein finales Dur-Aufgischten markiert die Lösung des inneren Konflikts, die Läuterung, das Heraustreten aus dem bisherigen Sein – und den Gegenpol zur dunklen Verführung zuvor. Eine Apotheose, in Nürnberg allerdings ein kurzer Schreckensmoment. Ein Scheinwerfer fällt herab, baumelt minutenlang am Kabel, sendet sein taumelndes Licht über Bühne und Parkett. Keine Panne, eine Konterkarierung. Das Leuchten, es kommt wie ein Versehen. Genauso wie der Müll, der aus dem Schnürboden regnet.
Das Ende ist hier nicht Aufbruch, sondern nihilistischer Stillstand.
Überhaupt tut Regisseur Lorenzo Fioroni viel, um Karol Szymanowskis süffigen, sündig oszillierenden «König Roger» alles Gefällige auszutreiben. Sizilien, der Handlungsort dieser «Bakchen»-Variante, bringt Fioroni auf Naheliegendes: Eine mafiöse Familie trägt anfangs ihren alten Paten zu Grabe. Der Ring des Toten geht über auf Roger, und Roxane leidet schwer am Gefangensein in der enggezurrten Clan-Struktur. Nürnbergs «König Roger» ist allerdings mehr als ein Generationendrama, mehr als eine Tragödie um familiäre Verkrustungen und ...
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Opernwelt Mai 2015
Rubrik: Panorama, Seite 46
von Markus Thiel
Täuscht es, oder hat Jules Massenet die Aktschlüsse seiner Werke tatsächlich zum Reinklatschen komponiert? In Paris funktioniert es. Die letzten Takte des «Cid» gehen bruchlos im Jubel eines kompositorisch zum Klatschen verleiteten Publikums auf. Man dürfte früher noch stärker derlei Ritualen gefolgt sein – als man sie noch gewohnt war. Der letzte «Cid», nachdem...
Kunst, hatte Schönberg dekretiert, komme nicht von Können, sondern von Müssen. Flugs zur Zürcher Uraufführung der Oper «Rote Laterne»: Ihr Komponist Christian Jost muss schier gar nichts, kann aber schlechterdings alles. Der Trierer des Jahrgangs 1963 ist auch in seiner achten Oper kein Hardcore-Avantgardist. Vielmehr hält er es wie Detlev Glanert – er vor allem –,...
«If you can’t beat them, join them!», sagt man im Englischen: Wenn du sie nicht schlagen kannst, verbünde dich mit ihnen. Als in den 1920er-Jahren eine Modewelle nach der anderen von den USA gen Europa hinüberschwappte, folgte so mancher Operettenkomponist im deutschsprachigen Raum diesem Rat. Peppte die Partituren mit – mehr oder weniger gut nachempfundenem –...
