Menschheitstheater
Der Weg zu den Strahlen der Sonne führt über eine kleine Brücke. Ein Bächlein, forellenfrei vermutlich, fließt leise murmelnd darunter hinweg. Abendstimmung. In der Ferne erhebt sich die Silhouette eines gigantischen Rundbaus, der anmutet wie ein auf die Erde gestürzter, noch schnell geschliffener Meteorit, bewacht nur von winzigen Wolkenballen und einem strahlenden Mondgesicht. Mächtig liegt das steinerne Gebilde in der grünen Landschaft, umgeben von Büdchen, kleinen Ständen, Lokalen.
Je näher man dem Gashouder im Nordwesten Amsterdams kommt, umso deutlicher erschließen sich die Dimensionen. Und zumindest an diesem kalten Winterabend fliegt den Flaneur ein warmer Duft an, der Duft von Kaffee: Das «Amsterdam Coffee Festival» ist zu Gast auf dem Gelände der Westergasfabriek.
Das Areal mit seinen schmucken Klinkerbauten, dessen Zentrum der Gasometer bildet, zählt zu den spannendsten Locations der niederländischen Kapitale; ein wenig ähnelt es der Speicherstadt in Hamburg. Die ehemaligen Fabrikgebäude, im 19. Jahrhundert direkt an den Gleisen der ersten niederländischen Bahnstrecke errichtet, beherbergen heute Kneipen, Kinos, Theater- und Tanzsäle. Wo jetzt der Bär tobt, wird Ende ...
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Opernwelt Mai 2019
Rubrik: Reportage, Seite 52
von Jürgen Otten
«Ein Schiff wird kommen», sang weiland Lale Andersen in Sehnsucht nach dem einen, «den ich so lieb’ wie keinen». Einen solchen erträumt sich ja auch Senta in Wagners «Fliegendem Holländer»; in Aron Stiehls Inszenierung an der Wiener Volksoper kommt er allerdings ohne Schiff, dafür quasi als Wiedergänger von Caspar David Friedrichs Wanderer. Man sieht ihn bereits...
Einen Filmregisseur für eine Inszenierung von «La fanciulla del West» einzuladen, ist naheliegend, enthält Giacomo Puccinis Oper aus dem Jahr 1910 doch alle Topoi des zeitgleich entstehenden Filmwestern. Dabei bedient Andreas Dresen diese Topoi an der Bayerischen Staatsoper keineswegs. Keinen Saloon hat ihm der Bühnenbildner Mathias Fischer-Dieskau gebaut, sondern...
Beim Schlendern durch Genuas Gassen stößt man irgendwann auf eine Gedenktafel, die besagt, dass in diesem Haus der französische Dichter Paul Valéry 1892 ein nächtliches Gewitter von apokalyptischem Ausmaß erlebte, welches ihn kathartisch veränderte, als Lyriker verstummen ließ. In «Die Nacht von Genua» hat er die Identitätskrise thematisiert: «Überall Gewitter....
