Kranke Klänge
Die Klage über den Niedergang dramatischer Stimmen ist nicht neu, so wenig wie das Hohe Lied auf die Heroinen und Heroen der Vergangenheit. Eine Birgit Nilsson, ein Jon Vickers und ihresgleichen sind offenbar heute weit und breit nicht in Sicht. Dafür umso mehr Sänger, die – aus eigenem Antrieb oder vom Betrieb gedrängt – Raubbau am eigenen Material treiben. Besonders für «schwere» Verdi-Partien sehen nicht wenige Beobachter schwarz.
Gehören Interpreten für die dramatischen Partien in «Il trovatore», «La forza del destino»,«Aida» und «Otello» zu einer gefährdeten Spezies? Stehen gar große Teile des Kernrepertoires, wie eine empirische Studie nahelegt, auf dem Spiel? Anmerkungen zu einer alarmierenden Situation
Das älteste, echteste und schönste Organ der Musik, das Organ,
dem unsere Musik allein ihr Dasein verdankt,
ist die menschliche Stimme. (...) Der Genius der Menschenstimme
repräsentiert das menschliche Herz und dessen abgeschlossene,
individuelle Empfindung.
Richard Wagner
Der Tod der Oper ist schon oft beschworen, herbeigeredet und gewünscht worden. Sollte sich das Ende dieser «unmöglichen Kunstform» (Oscar Bie) durch Auszehrung erfüllen – dadurch, dass es schon bald ...
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Opernwelt Jahrbuch 2017
Rubrik: Stimmkrise, Seite 98
von Jürgen Kesting
Vor drei Jahrzehnten, kurz vor dem Mauerfall und Ende der Nachkriegsordnung in Europa, prägte der Soziologe Ulrich Beck einen Begriff, der bis heute einen Nerv trifft: Risikogesellschaft. In seiner gleichnamigen, 1986 veröffentlichten Studie beschrieb er eine fundamentale Wende im «Projekt der Moderne»: von der Idee stetigen Fortschritts und grenzenlosen Wachstums...
Politik war seine Sache nie – reale Politik. Lässt man seine Regiearbeiten Revue passieren, wird freilich evident, dass Dmitri Tcherniakov das Politische als Phänomen durchaus affiziert – man denke nur an den Medienzirkus in seiner nachgerade erschütternd hellsichtigen Berliner «Zarenbraut» (2013) oder an die zerrüttete Autokratie in der Amsterdamer «Legende von...
Schon zu Lebzeiten stand er im Schatten Puccinis. Nicht, dass die Bühnenwerke des vor 150 Jahren, am 28. August 1867, in Süditalien geborenen Apothekersohns damals durchgefallen wären. Selbst heute kaum gespielte Opern, etwa «Siberia», des Komponisten Lieblingsstück, entfalteten um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert durchaus Wirkung. Auch weil sich mit der...
