Klischees, Klamauk und nichts weiter
Um das designergestylte Programmheft zu paraphrasieren: Ein Mord ist geschehen. Täter: Mann, 46 Jahre alt. Opfer: Bizets «Carmen». Grund: «Ich wollte sie nicht einfach umbringen; ich wollte ihre Schönheit zerstören.» Sebastian Nübling hat bei seinem Operndebüt gleich mehrfach zu den zähesten Klischees des Regietheaters gegriffen.
Also zeigt schon der Anfang in der Rückblende das Ende, erleben wir die Handlung aus der Perspektive des vor der Glotze im Sessel dahindämmernden José, dem außer seinen Obsessionen als Alter Ego noch ein grünes Männchen, genannt Surplus, im Nacken sitzt – ein Teletubby, der das Spiel mit seinen infantilen Verrenkungen begleitet. Ein ästhetischer Mehrwert entsteht nicht, Szene und Musik klaffen auseinander. Und so landet der Abend, nach gestelztem Beginn, bald bei der Fernsehvorabendserie und schließlich beim Klamauk mit den wundersam sich vermehrenden Sesseln und Stehlampen.
Was der Aufführung fehlt, ist jene Mischung aus Mythos und Realität, aus Geheimnis und Banalität, mit der Andrea Breth die Geschichte von Carmen und José bei der letztjährigen Grazer Styriarte erzählt hat (siehe OW 8/2005). Neue Einsichten in Bizets Meisterwerk lassen sich Nüblings ...
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