Hysterie und Mechanik
Während Adam im Hotel «Eden» dem Auftrag nachkommt, fruchtbar zu sein, und Eva die Empfängnis mit glücklich-gluckernden Koloraturen quittiert, erklingt im Hintergrund die Choralzeile: «Lobe den Herren, der deinen Stand sichtbar gesegnet». Dass sein Stand weder sichtbar noch gesegnet ist, ärgert den zuschauenden Luzifer. Er hat nämlich kein Geschlechtsteil, würde aber auch gern zeugen können und hätte seine Vermehrung bei anderer Ausstattung mit Lilith – Adams erster, geflohener Frau – längst ins Werk gesetzt.
Dass sie, wie eine rabbinische Legende berichtet, die Missionarsstellung unter Adam nicht mochte, hätte Luzifer nicht gestört. Er wäre auch unter weiblicher Obliegenheit zum Ziel gekommen.
Die Zote, zu der Peter Eötvös als Komponist gemeinsam mit seinen Librettisten Albert Ostermaier und Mari Mezei hier Zuflucht nimmt und die von Helen Malkowsky in Chemnitz auch werkgetreu in Szene gesetzt wird, rettet seine Kunst. Denn billig und abgestanden geriete die Kritik an der Kirche und deren Bemühen, Sexualität allein der Fortpflanzung unterzuordnen, ginge Eötvös hier mit Furor und Pathos zu Werke. Nur als Witz lässt sich «Paradise Reloaded (Lilith)», diese Oper, die beim Festival ...
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Opernwelt Mai 2015
Rubrik: Panorama, Seite 37
von Jan Brachmann
Wenn man den Zuschauerraum betritt, liegt die Bühne bereits offen da. Hinten, vor der Brandmauer, ist das Orchester platziert. Am rechten Bühnenrand vier Straßenlaternen, quer über den Raum leuchtende Hochspannungsdrähte. Links auf der Vorderbühne erhebt sich eine als Spielpodium benutzte Fußgängerüberführung. Der Orchestergraben ist mit schwarzen Müllsäcken...
Eine «Schwalbe» ist in der Fußballwelt die Vortäuschung einer vom Gegner verursachten Körperverletzung – vom Schiedsrichter zu bestrafen. Die kleine Tragikomödie auf dem Rasen. In der Welt der Opernbretter lässt «Die Schwalbe» mehr an eine Halluzination als an Täuschung denken, an ein Trugbild. Denn auf deutschen Bühnen wird «La Rondine» nur selten gespielt, anders...
Ein double bill, wie der Engländer die Vorstellung von zwei Werken zu einem Preis nennt, ist der jüngste Abend der Kölner Oper vor allem durch die Potenzierung dessen, was sich schon in den Titeln der Werke ankündigt: Gefangenschaft, Schuld, Unrecht, kirchlicher Machtmissbrauch. Wobei die durchgehende Figur des Großinquisitors alle Momente in sich vereint.
Warum...
