Es ist genug

Dallapiccola: Il prigioniero Zimmermann: Ekklesiastische Aktion Köln / Oper am Dom

Opernwelt - Logo

Ein double bill, wie der Engländer die Vorstellung von zwei Werken zu einem Preis nennt, ist der jüngste Abend der Kölner Oper vor allem durch die Potenzierung dessen, was sich schon in den Titeln der Werke ankündigt: Gefangenschaft, Schuld, Unrecht, kirchlicher Machtmissbrauch. Wobei die durchgehende Figur des Großinquisitors alle Momente in sich vereint.

Warum wird so wenig Luigi Dallapiccola gespielt? Nach der Wiederbegegnung mit seinem «Prigioniero» muss man sich das fragen. Der entfaltet nämlich in Köln trotz minimaler szenischer Mittel große Wirkung.

Dallapiccola, der 1949 nicht nur die Kirche, sondern alle Unrechtsregimes anprangern wollte, hat sich auf eine Erzählung von Villiers de L’Isle-Adam gestützt, in der Dostojewskis Erzählung vom Großinquisitor als mächtigstem Anhänger und Gegner Gottes aufgegriffen wird. Der Regisseur Markus Bothe hat zusammen mit seinem Bühnenbildner Robert Schweer den Theaterraum mit einer Mauer abgeriegelt, auf der Buchstaben aufgeputzt sind ‒ als Hinweis darauf, dass hier wohl der Buchstabe der Kirchenlehre grausam erfüllt, der Geist aber mit Füßen getreten wird.

Die Perfidie des Stücks liegt darin, dass der Kerkermeister (es ist der verkleidete ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt Mai 2015
Rubrik: Panorama, Seite 43
von Michael Struck-Schloen

Weitere Beiträge
Apotheose via Warenlift

Der Weg zu «Orfeo» und in die Hölle ist mit festlichen Klängen gepflastert. Er führt vorbei an bleichen Russen, die vor hell erleuchteten Restaurants auf dem Akkordeon ihre Bach-Toccaten und auf der Treppe zum Theater im Bläserquintett virtuose Opern-Arrangements spielen. Im Foyer warten schon die Blechbläser der Camerata Bern, die Monteverdis Eingangstoccata...

Triste Tropen, wüstes Land

Van der Aa? Kennen wir nicht. Schreker? Nie gehört. Gluck? Mmm, da war doch was. Hat der nicht mal ein Stück für Paris geschrieben? Mit Unterwelt und so? Bis auf diese uralte Love Story gehört, was Serge Dorny zur elften Ausgabe des Frühlingsfestivals der Opéra de Lyon auftischt, wahrlich nicht zum kassensicheren Kernbestand des Repertoires. Schon gar nicht in der...

Männerträume

In Anna-Sophie Mahlers Lesart müsste die Oper eigentlich «Don José» heißen; denn die junge Regisseurin, die in Bremen schon des Öfteren positiv auf sich aufmerksam gemacht hat, stellt den unglücklichen Carmen-Liebhaber eindeutig in den Mittelpunkt ihrer Inszenierung: das Psychogramm eines Anti-Helden. Andalusien-Flair und spanisches Kolorit sucht man in dieser...