Erkenntnis durch Differenz

Erstmals in Deutschland szenisch zu sehen: Das Staatstheater Meiningen holt Domenico Sarros «Didone abbandonata» aus der Versenkung. Regisseur und Bühnenbildner Dietrich Hilsdorf bedient sich dabei ganz ökonomisch aus dem Fundus

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Ein angenommenes Vergessen der Geschichte, so beschreibt es der Philosoph und Hermeneutiker Hans-Georg Gadamer, sei nicht ein Fehler des individuellen oder kollektiven Gedächtnisses, sondern gehöre vielmehr unmittelbar zum Prozess unseres Verstehens dazu. Erst das Spannungsfeld zwischen Vergessen und Erinnern ermögliche es uns, das eigene Denken in ein Verhältnis zur Geschichte zu setzen, um durch Wiederentdeckung unsere Zeit und auch uns selbst besser verstehen zu können. Glücklich ist demnach nicht, wer vergisst, sondern wer sich erinnert und etwas verändert.

In der kleinen Werra- und ehemals kulturell sehr bedeutsamen Residenzstadt Meiningen, wo das Staatstheater nach der Diakonie der zweitgrößte Arbeitgeber ist, wird sich weiterhin emsig erinnert: Philipp Adlung, Leiter der Meininger Museen, strickt sehr erfolgreich an einem Konzept für ein Deutsches Theatermuseum im Meininger Schloss Elisabethenburg. Mit Recht: Der sogenannte Theaterherzog Georg II., dessen 200. Geburtstag im kommenden Jahr die Spielzeit 2026/27 in Meiningen gewidmet ist, war seinerzeit als Regisseur und Bühnenbildner europäisch für das Schauspiel das, was Wagner für die Oper war: ein großer Reformator, ...

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Opernwelt November 2025
Rubrik: Im Focus, Seite 16
von Achim Heidenreich

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