Erkenntnis durch Differenz
Ein angenommenes Vergessen der Geschichte, so beschreibt es der Philosoph und Hermeneutiker Hans-Georg Gadamer, sei nicht ein Fehler des individuellen oder kollektiven Gedächtnisses, sondern gehöre vielmehr unmittelbar zum Prozess unseres Verstehens dazu. Erst das Spannungsfeld zwischen Vergessen und Erinnern ermögliche es uns, das eigene Denken in ein Verhältnis zur Geschichte zu setzen, um durch Wiederentdeckung unsere Zeit und auch uns selbst besser verstehen zu können. Glücklich ist demnach nicht, wer vergisst, sondern wer sich erinnert und etwas verändert.
In der kleinen Werra- und ehemals kulturell sehr bedeutsamen Residenzstadt Meiningen, wo das Staatstheater nach der Diakonie der zweitgrößte Arbeitgeber ist, wird sich weiterhin emsig erinnert: Philipp Adlung, Leiter der Meininger Museen, strickt sehr erfolgreich an einem Konzept für ein Deutsches Theatermuseum im Meininger Schloss Elisabethenburg. Mit Recht: Der sogenannte Theaterherzog Georg II., dessen 200. Geburtstag im kommenden Jahr die Spielzeit 2026/27 in Meiningen gewidmet ist, war seinerzeit als Regisseur und Bühnenbildner europäisch für das Schauspiel das, was Wagner für die Oper war: ein großer Reformator, ...
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Opernwelt November 2025
Rubrik: Im Focus, Seite 16
von Achim Heidenreich
Dem Namen des heute vergessenen italienischen Barockkomponisten Geminiano Giacomelli ist der interessierte Hörer erstmals 2009 auf Cecilia Bartolis CD «Sacrificium» begegnet. Damals sang Bartoli die Arie des Epitide «Sposa, non mi conosci» aus Giacomellis «Merope» – Musik mit Suchtcharakter, die daran erinnert, dass aus derselben Oper auch die Arie «Quell’usignolo»...
Herr Krimmel, einerseits sind Sie ein Naturbursche, der mit einem Camper durch die Gegend tuckert, andererseits ein weithin anerkannter Künstler, der hochgradig verdichtete Lyrikvertonungen interpretiert. Wie geht das zusammen?
Nun ja, wahrscheinlich dürfte ich, wenn ich es ganz ernst nehme, nur noch Schuberts «Schöne Müllerin» singen und vielleicht noch seine...
Henry James’ Novelle «The Turn of the Screw» entspringt der Tradition der englischen Gothic Novel, ist psychologisch allerdings so verfeinert, dass sich das Schaurige, die Bedrohungen der Kinder Miles und Flora durch die Geisterscheinungen der verstorbenen Hausangestellten Quint und Miss Jessel, nur erahnen lässt. Dem entspricht Brittens Oper als eine lose Folge...
