Eisgekühlt
Vorromantische Opern scheinen von Regisseuren mitunter gern tiefgekühlt serviert zu werden. Ein Trend? Verglichen mit Bob Wilsons leichenschauhaus-frostiger Inszenierung von Monteverdis «L’incoronazione di Poppea» an der Mailänder Scala (siehe OW 3/2015) lässt sich die Neuproduktion von Glucks «Alceste» in Venedig als eine Art Kompromiss zwischen historisch informierter Aufführungspraxis und Regietheater werten. Und doch geht es auch hier nur bedingt werktreu zu.
Wir wissen heute aus zuverlässiger Quelle, dass dieses Stück (egal ob in der Fassung von Wien, Paris oder Bologna, den Hochburgen der Gluck-Verehrung während der 1760er- und 1770er-Jahre) ebenso wie ihre «reformierten» Operngeschwister nach dem damals gängigen Muster von Opera seria-Aufführungen gegeben wurde – mit Balletteinlagen in den Pausen und nach dem Finale, opulent ausgestattet (pompöser Kopfputz, grelle Kostüme usw.), auf fünf Stunden gestreckt.
Dem Publikum des Teatro La Fenice präsentierte man für die (in diesem Haus) erstmals mögliche Begegnung mit Glucks Meisterwerk eine Fassung von gut zwei Stunden. Zum Vergleich: Die 1987 auf Schallplatte erschienene Scala-Produktion unter Riccardo Muti mit Kirsten Flagstad ...
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Opernwelt Mai 2015
Rubrik: Panorama, Seite 49
von Carlo Vitali
Ein musikalischer Senkrechtstarter! Darüber war man sich 1964 in Budapest bei der Uraufführung von Sándor Szokolays «Bluthochzeit» («Vérnász») einig. In Ungarn wurde das Werk in der Tat alsbald zum Repertoirestück, brachte es allein in den ersten fünf Jahren auf mehr als 50 Reprisen. Aber der Höhenflug dieser ersten Oper des jungen Komponisten beschränkte sich auf...
Er habe «immer ein gewisses Vertrauen zur Oper» gehabt, bekannte Friedrich Schiller einmal gegenüber Goethe. Die kleine Lesegruppe im Café des Theaters Magdeburg teilt seine Ansicht. Tapfer hatte man sich zur Vorbereitung auf den Opernbesuch durch Schillers «Braut von Messina» gekämpft – und das Stück, in dem der Dichter den antiken Chor wiederzubeleben suchte,...
Allzu oft geschieht es nicht, dass eine der 15 Opern von Nikolai Rimsky-Korsakow auf einem deutschen (überhaupt einem nichtrussischen) Spielplan erscheint. Deswegen war man elektrisiert, in Saarbrücken den «Goldenen Hahn» annonciert zu sehen, das späteste Bühnenwerk des Komponisten (1907). Inspiriert von der blutig niedergeschlagenen Volkserhebung 1905, ist es...
