Doppelgänger

Eine gediegene Aufnahme aus Mailand belegt es: Ruggero Leoncavallos «Zingari» erinnern verdächtig an seine «Pagliacci»

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Künstlerisch zunehmend erfolglos, aber trotzdem nach wie vor ein gefragter «Markenartikel», nahm der alternde Ruggero Leoncavallo das Angebot der Londoner Music Hall «Hippodrome» gerne an, dort eine halbstündige Kurzfassung seiner «Pagliacci» herauszubringen. Der Erfolg war überwältigend. Zweimal täglich wurde diese Version unter seiner Stabführung gespielt, aus den geplanten zwei Gastspielwochen wurden sechs. Also nahm der Komponist mit Freuden einen weiteren Auftrag an und komponierte für das «Hippodrome» eine Oper in veristischer Manier: «Zingari» (Die Zigeuner).

Als Vorlage diente Alexander Puschkins Verserzählung «Cygany», die unter dem Titel «Aleko» bereits 20 Jahre zuvor von Sergej Rachmaninow in Opernform gebracht worden war.

Eine junge «Zigeunerin» bringt ihren Geliebten, einen vornehmen Städter, ins Lager und setzt beim Stammesoberhaupt die Heirat mit ihm durch. Ein paar Monate später wendet sich das Liebesglück. Die Zigeunerin gibt sich einem Stammesgenossen hin; Aleko, der bei Leoncavallo Radù heißt, tötet sie und ihren Liebhaber. Die Parallelen zu den «Pagliacci» liegen auf der Hand. Leoncavallo diente sich mit diesem durch ein Intermezzo geteilten Zweiakter dem ...

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Opernwelt November 2021
Rubrik: Hören, Sehen, Lesen, Seite 26
von Ekkehard Pluta

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