Das Abstrakte wird konkret
Die Liebe verleiht nicht immer Flügel. Eine einzige Feder, am Ende gerötet, schwebt über dem Dichter, der, über einen Tisch gebeugt, um Worte ringt. Und auch später spickt er damit entweder sein Alter Ego oder den Bühnenboden, statt schrittweise den eigenen Sehnsüchten zu folgen. Nicht umsonst zeigt ihn Daniela Kurz am Landestheater Linz von Anfang an in zwiefacher Gestalt: als Troubadour und Prinz von Blaye, der Jaufré Rudel ja in Wirklichkeit ist, zugleich als ein poetisches Ich, das seinen Gefühlen Gestalt gibt und zunächst eher ziellos einer «Liebe von Ferne» huldigt.
«L’Amour de loin» nennt Kaija Saariaho ihre erste, überaus erfolgreiche Oper, die vor 15 Jahren nach einer Vorlage von Amin Maalouf im Auftrag der Salzburger Festspiele entstand: ein komplexes Klangkonstrukt, das sich ganz auf das Innenleben der drei Protagonisten konzentriert, selbst wenn die Regisseurin die äußere Handlung durchaus bildhaft gestaltet. Noch während des Vorspiels öffnet sich der Vorhang im Musiktheater ein Stück, und aus der Höhe steigt der Pilger, der im weiteren Verlauf immer wieder alle Gegensätze überbrückt. Ein roter Bogen lässt zeichenhaft das Erreichbare erkennen, die weißen Schrägen, welche ...
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Opernwelt Mai 2015
Rubrik: Panorama, Seite 43
von Hartmut Regitz
Er habe «immer ein gewisses Vertrauen zur Oper» gehabt, bekannte Friedrich Schiller einmal gegenüber Goethe. Die kleine Lesegruppe im Café des Theaters Magdeburg teilt seine Ansicht. Tapfer hatte man sich zur Vorbereitung auf den Opernbesuch durch Schillers «Braut von Messina» gekämpft – und das Stück, in dem der Dichter den antiken Chor wiederzubeleben suchte,...
Das Neue altert schnell. Dennoch muss man vorsichtig sein, wenn man in einer Stadt wie Lüneburg einen Komponisten wie Paul Hindemith präsentiert, der einst als Bürgerschreck galt. «Neues vom Tage» hatte schon 1929 keinen nachhaltigen Erfolg – obwohl bei der Uraufführung Otto Klemperer am Pult stand. 1953 arbeitete Hindemith das Stück um, aber selbst eine englische...
Die Buhrufe am Ende des Premierenabends bleiben unverständlich. Vergessen offenbar, dass die Berliner Staatsoper und ihr Publikum dem Russen Dmitri Tcherniakov so glänzende Inszenierungen wie Rimsky-Korsakows «Zarenbraut» oder Prokofjews «Spieler» verdanken. Berlins Wagnerianer zielten mit dem Protest gewiss auf den Regisseur, aber auch auf den Dirigenten – just...
