«Biegsam bin ich immer noch»

Auf der Bühne steht sie schon seit Langem nicht mehr. Aber Anja Silja war immer viel zu wach und zu meinungsstark, um nicht die aktuellen Entwicklungen in der Oper kritisch zu begleiten. Ein Gespräch über modernes «Regietheater», historisches Bewusstsein, gute (und nicht so gute) Deklamation, tolle Dirigenten und – natürlich – über das Genie von Wieland Wagner

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Frau Silja, Sie haben im April Ihren 85. Geburtstag gefeiert. Sind sie eine lebende Legende?
Nein, als solche empfinde ich mich keineswegs. Und lebende Legenden gibt es ohnehin nicht, nur mausetote.

Was sind Sie dann?
Ich bin einfach nur eine Sängerin mit langjährigen Erfahrungen.

Das klingt sehr bescheiden ...
Ich halte mich diesbezüglich an den im April verstorbenen Papst Franziskus: Man sollte nicht immer alles heroisieren.

Es scheint, als hätten Sie eine selbstironische Distanz zu sich selbst …
Ja, das sehen Sie richtig. Ich bin so aufgewachsen. Mein Großvater war überaus ironisch, Wieland Wagner war es ebenfalls. Das sind zwei jener Menschen, von denen ich sehr viel gelernt und übernommen habe; wahrscheinlich ist das so in mir. Ich merke es manchmal gar nicht, aber es hat mich nie gestört, ich kann damit gut leben. Otto Klemperer etwa war in hohem Maße ironisch, aber damit habe ich immer einen guten Umgang gefunden und auch nie etwas Einfältiges gesagt. Er war nie sprachlos und hat absichtlich häufiger mal eine unerwartete, nicht zur Situation passende Bemerkung gemacht und uns damit sprachlos gemacht.

Waren Sie frech? Forsch? Gar frivol?
Ich war immer direkt, damit bin ich ...

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Opernwelt Jahrbuch 2025
Rubrik: Anja Silja, Seite 122
von Jürgen Otten

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