Banalität des Bösen
Auf der Webseite der Amsterdamer Oper verspricht der PR-Trailer für «Macbeth» ein grausames, blutiges Spektakel. Tatsächlich aber fließt auf der großen Bühne am Waterlooplein in Andrea Breths Deutung von Verdis furioser Shakespeare-Adaption nicht ein einziger Tropfen Theaterblut – das Bestialische des Mordreigens wird in Amsterdam systematisch ausgeblendet. Lediglich in der Bankettszene türmen sich statt edler Spezereien rohe Fleischberge aus dem Schlachthaus auf dem Tisch. Womöglich soll dies ein – wenig subtiles – Bild sein für eine Mahnung aus dem Unbewussten.
Oder die verdrängte Realität verdeckter Gewalt? Doch das Fleisch bleibt unberührt, die Messer bleiben blank. Und wenn Banco um die Ecke gebracht wird, geschieht das nach der Art osteuropäischer Auftragskiller: schnell, sauber und mit schallgedämpfter Magnum, nahezu lautlos bis auf ein zartes «kffffh». So geht das heute in den Zentren der Machtkämpfe, will uns die Regisseurin wohl sagen.
Andrea Breth, die Hohepriesterin der Werktreue, hat sich von ihrem Bühnenbildner Martin Zehetgruber auch die schwarzen Wände der Privatgemächer des mörderischen Ehepaares mit wattiertem Stoff auspolstern lassen, damit kein Laut heraus- und ...
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Opernwelt Mai 2015
Rubrik: Im Focus, Seite 8
von Regine Müller
Chaos tobt um das Theater der größten Stadt Mecklenburg-Vorpommerns. Als sei das Volkstheater Rostock durch die Entscheidung, das Ballett und die Opernsparte auszu-
lagern, nicht schon genug gebeutelt, setzte der parteilose Oberbürgermeister Roland Methling auch noch den Intendanten vor die Tür, der gerade damit begonnen hatte, das Haus wieder in Schwung zu bringen....
Nicht um Politik und Historie geht es in Verdis erster Auftragsarbeit für die Pariser Oper (1855), denn im Libretto von Eugène Scribe und Charles Duveyrier ist der Aufstand der Sizilianer gegen die französischen Besatzer (1282) eine austauschbare Folie für eine private Geschichte, die Jahre vorher in anderem Ambiente unter dem Titel «Le Duc d’Albe» schon von...
Herr Shicoff, Sie galten als idealer Sänger für gebrochene, auch intellektuelle Charaktere. Hat Ihnen das gefallen?
Dem habe ich nie getraut. Ich wollte nie bewusst den Eindruck erwecken, ein intellektueller Sänger zu sein. Emotionale Sänger schätze ich eigentlich weit höher. Ich glaube, wann immer ich Erfolg hatte, geschah das, weil ich emotional mit meinen Rollen...
