Foto: Rolf K. Wegst
Böse, böse
Im Jahr 2017 werden zwei welthistorische Umwälzungen gefeiert: die Reformation und die russische Oktoberrevolution. Deren Führer, wahre XXL-Alpha-Tiere, Luther wie Lenin, wurden entsprechend kontrovers beurteilt: als messianische Befreier aus dem Joch von Papismus bzw. Zarismus, aber auch als Urheber erheblichen Unheils. War während des Kommunismus Lenin die ikonische Figur schlechthin, zu deren Mausoleum an der Kremlmauer die Sowjet-Bürger zu wallfahren hatten, scheint die Revolutions-Euphorie in Putins Reich eher gebremst.
Mögen auch die alten Weltmachtgelüste wieder wachsen und gedeihen, nehmen, paradox genug, gleichzeitig Stalin-Nostalgie und der Einfluss der reaktionär ultraorthodoxen Kirche zu.
Da ist es kein Zufall, dass nun eine Oper wieder in den Fokus rückt, die ein durch und durch sinistres Bild des «Werktätigen-Paradieses» grell vor Augen führt: Alfred Schnittkes «Leben mit einem Idioten». Nicht minder signifikant erscheint eine zweite Zeitkonstellation: Vor zehn Jahren starb, 90-jährig, der Cellist und Dirigent Mstislaw Rostropowitsch. Er leitete 1992 die Amsterdamer Uraufführung, die in einer russischen Umarmungsorgie endete: Schnittke, der Regisseur Boris ...
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Opernwelt Juli 2017
Rubrik: Panorama, Seite 40
von Gerhard R. Koch
Die Auguren sind sich einig: Das Diaghilev-Festival in Perm ist derzeit das facettenreichste, provokanteste Forum für Kultur in Russland, weil es – vor dem Hintergrund der allgemeinen Sowjetisierung – eine besondere Atmosphäre in der Stadt schafft, Künstler und Publikum zu einem organischen Ganzen verbindet.
Das zeigte sich bereits zum Auftakt beim 2016...
Auch Dramaturgen haben ihre Lieblinge. Die einen zieht es zu Wagner und Verdi, andere verbringen die Hälfte ihrer Lebenszeit damit, den Kontinent Mozart zu erforschen, dritte können von Händel nicht lassen. Norbert Abels, Chefdramaturg der Oper Frankfurt, Dozent und Autor einiger überaus lesenswerter Bücher zum Thema Musiktheater, fühlte sich im Verlauf seiner...
Als die Bayerische Staatsoper in München vor wenigen Monaten Gioachino Rossinis «Semiramide» herausbrachte, suchten die Beteiligten diese als inhaltlich und psychologisch schlüssiges Werk zu behaupten – mit eher begrenztem Erfolg. Die Regisseurin Nicola Raab dagegen denkt in ihrer Regiearbeit in Nancy gar nicht daran, sondern zeigt die Oper als das, was sie ist:...
