Vexierspiel am Kulturforum

Die italienische Bildhauerin und Konzeptkünstlerin Monica Bonvicini entwickelt Ausstellungen in der ganzen Welt und ist Professorin an der UdK Berlin. Momentan hat die Neue Nationalgalerie der erklärten Feministin für fünf Monate den Mies-van-der-Rohe-Bau als Spielwiese gegeben. Anlass für einen Einblick in die Geschichte dieser Architekturikone und einen Ausblick auf das Kulturforum der Hauptstadt

Nähert man sich in diesen Winterwochen der Berliner Neuen Nationalgalerie in der Potsdamer Straße, so bietet sich je nach Tageszeit ein jeweils anderes Bild. Bei Tageslicht absorbiert eine riesige, an die Stirnseite des gläsernen Mies-van-der-Rohe-Baus gelehnte Spiegelfläche alle Aufmerksamkeit. Darauf steht in schwarzen Folienbuchstaben „I do You“, als wär’s eine feministische Kampfansage an diese maskuline Architekturikone der Moderne.

Wer nun das Gebäude durch die Drehtür dahinter betreten will, steht zuvor gespiegelt sich selbst gegenüber: Ich dich? Du mir? Ich mache dich? Mehrdeutig ist dieses Bild allemal, denn gleich mitgespiegelt sind die Straße, der Verkehr, die Gebäude, der Himmel, die kahlen Bäume. In den dunklen Abendstunden hingegen verschieben sich die optischen Eindrücke: Das markante Außenbild, das die Künstlerin Monica Bonvicini über den Flachbau hinausragend vor die Eingangsfassade gesetzt hat, tritt zurück in die Dunkelheit, wird gleichsam von ihr verschluckt und optisch hervor treten aus dem Nachtschwarz des Glaskubus weiße schwebende Lichtobjekte wie leuchtende Tiefseefische. Die gebündelten Neonröhren zeichnen Schraffuren in den Raum und ergeben, von den ...

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BTR 1 2023
Rubrik: Ausstellungen und Kongresse, Seite 62
von Irmgard Berner

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