Brooklyn auf der Burg
Samstagabend in Ulm: Aufgeregte Grüppchen in Schlaghosen und Glitzerröcken gehen zu den Shuttle-Bussen zur Wilhelmsburg. Trotz des bedeckten Himmels tragen sie überdimensionale Sonnenbrillen im Stil der 1970er-Jahre. Kein Zweifel, die Jugendlichen haben sich für das Musical „Saturday Night Fever“ in Schale geworfen, um die Disco-Ära wieder aufleben zu lassen.
Weltberühmt wurde der Plot durch den gleichnamigen Tanzfilm, für den 1977 der Produzent Robert Stigwood die Bee Gees für den Soundtrack verpflichtete.
John Travolta übernahm die Hauptrolle des Italoamerikaners Tony Manero aus bescheidenen Verhältnissen, der an den Wochenenden versucht, als Star der Clubszene aus seinem Alltag auszubrechen. Travolta erhielt dafür eine Oscar-Nominierung, und die Filmmusik der Brüder Gibb zählt bis heute zu den meistverkauften Soundtracks. Der gesellschaftskritisch angelegte Spielfilm löste weltweit eine kommerzialisierte Disco-Welle aus, die sich in Musik, Mode und Mood niederschlug. Stigwood präsentierte 1998 zusammen mit den deutschen Produzenten Thomas Krauth und Michael Brenner am London Palladium eine Musicalversion der Erfolgsstory, deren deutsche Erstaufführung 1999 im Musical Dome Köln stattfand.
Festung für die Kultur
Der Zielort der Nostalgiker ist eine besondere Spielstätte des Theaters Ulm, ein Teil von Europas größtem erhaltenem Festungsensemble des 19. Jahrhunderts, der Bundesfestung Ulm, deren Bau auf Überlegungen am Rande der Pariser Friedenskonferenz von 1815 zurückgeht und als neun Kilometer sich erstreckendes Polygonalsystem zur militärischen Absicherung des Deutschen Bundes verwirklicht wurde. Imposant ragt das 200 mal 130 Meter große Bauwerk, das zwischen 1842 und 1849 aus Kalkstein aus dem Blautal erbaut wurde, vom Michelsberg herab. Der 1,3 Hektar große Innenhof ist schon belebt; weiße Gastronomiezelte externer Betreiber:innen locken an, für Toilettenwagen und eine Sanitätsstation vom Roten Kreuz wurde auch gesorgt. In der Wetterstation werden jede halbe Stunde mögliche Niederschläge, Temperaturen und Windstärke gecheckt: Ab Stufe Acht, bei 70 Kilometer pro Stunde, müssten die Besucher:innen evakuiert werden. Zur Sicherheit der Personen, aber auch als Schutz vor Vandalismus oder Diebstahl des Theaterequipments, wird der Platz videoüberwacht. Glücklicherweise bleibt alles ruhig, nur der Puls steigt, vor allem beim Ensemble. An der westlichen Ecke des Hofs befindet sich die Freilichtbühne, deren Tribüne für bis zu 1657 Zuschauer:innen überdacht ist. Sie wird angemietet und im Vorfeld des Musical-Sommers immer wieder neu ausgeschrieben. Der eineinhalbwöchige Aufbau erfolgte schon Mitte April 2025 durch das Unternehmen Nüssli. Trotz des Premierenfiebers haben der Technische Direktor des Theaters Ulm, Peter Perkovac, und der Leiter der Werkstätten, Andreas Lonsinger, Zeit und Geduld für eine Führung durch den Backstage-Bereich: Wo früher Soldatenstuben waren, wurden in der Nord-West-Ecke der Wilhelmsburg nun Sozialräume sowie Räume für Maske, Garderoben und sanitäre Anlagen geschaffen. Wie kam es dazu, dass in einem Wehrgebäude Musicals gespielt werden? Durch mehrere Bombentreffer war der Dachstuhl im Zweiten Weltkrieg großflächig ausgebrannt. Die rund 570 Räume der Wilhelmsburg dienten danach zunächst als Notunterkunft und Flüchtlingslager. Von 1956 bis in die 1970er-Jahre wurde die Burg dann von der Bundeswehr genutzt, bis die aufgrund des fehlenden Dachs eingedrungene Feuchtigkeit so groß wurde, dass die Räume unbewohnbar wurden, daher mussten Kamine abgedichtet und Blechdächer aufgesetzt werden. 1986 kaufte die Stadt Ulm die Burg von der Bundesrepublik zum symbolischen Preis von einer D-Mark und widmete sie als Konversionsgebäude vorwiegend für kulturelle Zwecke um. Im Jahr 1997 begann das Theater Ulm mit zunächst drei Vorstellungen der Oper „Carmen“ im Rahmen eines Theatersommers. Perkovac vergleicht die abenteuerlichen Anfänge in der Ruine ohne vernünftige Infrastruktur mit „Camping“: Herausforderungen, mit denen es damals umzugehen galt, waren die temporäre Einrichtung der Betriebsräume des Theaters, die Bereitstellung des notwendigen Strombedarfs, die schwierige Logistik für die Anlieferungen, die fehlende Heizung, unzureichende sanitäre Einrichtungen, die Freilichtsituation mit Tribünen ohne Bedachung, die unebene Bodenbeschaffenheit und auch der Aufbau des Shuttle-Bus-Services für das Publikum – alles war erst im Entstehen. Man ließ sich aber nicht abschrecken, so wurde zwei Jahre später die „Westside Story“ und 2001 „Die Zauberflöte“ aufgeführt. Der angestrebte Zwei-Jahres-Rhythmus musste 2003 und 2005 aufgrund ungesicherter Finanzierung ausgesetzt werden; im Jahr 2007 wurde der Theatersommer mit „Faust“ wiederbelebt und in Jahr darauf mit „Jesus Christ Superstar“ das Musical fest auf der Wilhelmsburg etabliert. Man bespielte sie damals noch mit Produktionen aus dem hauseigenen Theaterrepertoire. Als im Jahr 2011 das Theatergebäude saniert wurde, nutzte man die Wilhelmsburg als Interim-Spielstätte für drei Produktionen, 2013 und 2015 für jeweils zwei Produktionen. Seit 2016 wurde die weitere Entwicklung unter dem Motto „Wilhelmsburg – die Stadt in der Festung“ vorangetrieben. Das Projekt wurde von 2016 bis 2018 sowie 2020 durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit im Bundesprogramm „Nationale Projekte des Städtebaus“ gefördert. Ab 2017 wurde durch die Fördermaßnahmen des Bundes die Infrastruktur nach und nach deutlich ausgebaut. Besonders machte im Jahr 2021 „Dracula – Das Musical“ von Frank Wildhorn und mit Thomas Borchert in der Titelrolle von sich reden, zumal auf der Wilhelmsburg eine Population von über 4000 Zwergfledermäusen lebt. Sie befindet sich hauptsächlich im Nordflügel und dessen Treppenturm. Zu ihrem Schutz erfolgen seither die Aufführungen vor der Westfassade.
Klanggenuss auf allen Plätzen
Nahe des Eingangs zum Backstage-Bereich wurde im Erdgeschoss auch ein wettergeschützter Orchesterraum eingerichtet. Unter der musikalischen Leitung von Nikolaus Henseler sowie Vincenzo de Lucia, der das Nachdirigat übertragen bekam, spielen diese Saison 13 Musiker:innen an einem, zum Teil an mehreren Instrumenten; Keyboards, Gitarren, Elektrobass, Drumset, Percussion mit Pauke, Altsaxophone, Trompeten, ein Flügelhorn und eine Tenorposaune sorgen für einen komplexen Sound für das Musical, der sich stark an der Filmmusik von „Saturday Night Fever“ orientiert und vom Orchesterraum zur Bühne übertragen wird. Jens Schalle ist für das Tonkonzept und das Sounddesign auf der Wilhelmsburg verantwortlich; er sorgt für das Klangerlebnis und die Sprachverständlichkeit auf allen Plätzen in der Tribüne. Diese sollen durch eine Main-PA-Anlage, bestehend aus je drei d&b audiotechnik Y8 bzw. Y12 und 1x d&b audiotechnik VSub, gestacked vor der Tribüne, gewährleistet werden. Für die klangliche Auffrischung der oberen Ränge wurde ein Delay-System eingerichtet, realisiert durch 12 d&b audiotechnik Y7P, bzw. Y10P, für zusätzliches Low End sorgt ein Sub-Array unter der Tribüne, bestehend aus sechs d&b audiotechnik JSub, die zeitlich auf die Main-PA angepasst sind. Das Ensemble hält Kontakt zum Dirigenten über die draußen an der Tribüne angebrachten Monitore; dieser wiederum behält die Darstellenden über seinen Monitor neben dem Dirigentenpult im Blick: Im Bühnenbild wurden mehrere Lautsprecher von d&b audiotechnik für das Monitoring der Darsteller:innen auf der Bühne so verbaut, dass sie vom Publikum nicht wahrgenommen werden. Zusätzlich werden d&b audiotechnik M4 Wedges hinter der Main-PA für Monitoring verwendet. Über eine Digico Quantum 338 werden alle ankommenden und ausgehenden Signale verwaltet. Im Orchesterraum kommt ein SD-Rack von Digico zum Einsatz, über das die Mikrofonierung sowie das Monitoring für die Band realisiert wird, 48 Mikrofone sind für die Abnahme des Tons im Orchesterraum installiert und durch 56 Lautsprecher rund um die Freilichtbühne erklingen Musik und Gesang. Vor dem Orchesterraum befindet sich ein Tisch, auf dem die Mikroports der Darsteller:innen, die die Stimmen verstärken, mit Namen beschriftet bereitliegen: Sie werden mit 24 x Shure Axient Digital AD1X Bodypacks und DPA 4061 Lavalier-Mikrofonen unterstützt. Jedes davon belegt einen der über 70 Kanäle am Mischpult, in dem jede Szene programmiert ist, sodass die Stimmen im richtigen Moment zu hören sind: Ein DirectOut-Prodigy-Prozessor übernimmt die Verwaltung der unterschiedlichen Signale und auch das Processing der PA-Anlage. Für die Durchsagen des Inspizienten Felix Goldberg steht in dieser Saison erstmals ein Lautsprecher, der in die Intercom integriert wurde, zur Verfügung. Pünktlich um 20:30 Uhr gibt er den letzten Einruf für alle Beteiligten durch: „Die Vorstellung beginnt.“ Rampen führen für die Auftritte zur Hinterbühne hinauf, der Hauptdarsteller Sascha Luder und das ganze Ensemble sind bereit. Effektnebel umhüllt die dreiteilige, 300 Quadratmeter große Simultanbühne, über die sich symbolisch eine Nachbildung der zweistöckigen Hängebrücke Verrazzano-Narrows Bridge erhebt. Alle Darsteller:innen erscheinen zum Opening-Song und werden rosa und weiß illuminiert, so wird das Publikum in das Brooklyn der späten 1970er-Jahre versetzt, wo sich die Passanten auf der Straße drängen.
Disco – vom Underground zum Mainstream
Der smart wirkende Protagonist arbeitet als Verkäufer in einem Farbengeschäft, das auf der rechten Seitenbühne angedeutet ist. Sein Chef erkennt seine Leistung an und gewährt ihm eine kleine Gehaltserhöhung. Nach Ladenschluss durchschreitet Luder als Tony eilig die Szenerie, rempelt dabei Passant:innen an und kommt zum Abendessen nach Hause. Die Wohnung besteht aus einem zum Publikum offenem Essbereich im Erdgeschoss und einem Schlafzimmer auf der oberen Etage, wo sich Tony ausgiebig zum Ausgehen zurechtmacht und frisiert. Erste Konflikte zwischen ihm und seiner traditionsbewussten, katholischen Familie klingen an. In maßgeschneidertem rotem Glitzerhemd, schwarzer Schlaghose sowie Ballroom Shoes und Lederjacke versucht er voll leidenschaftlicher Energie, in der Disco „2001 Odyssey“ auf dem 13 mal 13 Meter großen zentralen Dancefloor zu „Staying Alive“ seine Probleme wegzutanzen, während sein älterer Bruder Frank gerade sein Priesteramt niedergelegt hat. Raphael Dörr spielt sowohl den jungen Theologen in der Glaubenskrise als auch den Clubsänger am DJ-Pult, der in überzeichnender Form an den Party-Gastgeber David Mancuso erinnert. Mancusos Loft-Partys mit Kulturen-, Klassen- und Gender-übergreifendem Publikum, das ohne Dresscode oder Liveband, sondern zum optimal verstärkten Schallplattensound tanzte, wurden in den 70ern stilprägend für die Disco-Ära, die bald von der Underground-Kultur zum Mainstream transformierte. Damals galt das eingemeindete und migrantisch geprägte Brooklyn als eine soziale Problemzone, die von Perspektivlosigkeit und Kriminalität geprägt war. Das durch Strukturwandel und Rezession verarmte Arbeiterviertel der Metropole New York City gehörte zu den am dichtesten besiedelten, aber auch vielfältigsten Stadtteilen der Welt. Junge Bewohner:innen waren in Gefahr, in die Gangoder Drogenszene abzurutschen, dagegen versuchten viele, mit Kreativität gegen die alltägliche Tristesse anzukämpfen, so entwickelte sich diese Ansammlung von Menschen aus verschiedenen Kulturen, Religionen und sexueller Identitäten in dem komplexen sozialen Netzwerk zu einer Keimzelle für kulturelle Innovation und Evolution. Besonders der als Tatsachen-Reportage ausgegebene Erzähltext „Tribal Rites of the New Saturday Night“ des britischen Reisejournalisten Nik Cohn, der am 7. Juni 1976 im „New York Times Magazine“ erschien, erregte Aufmerksamkeit und inspirierte Norman Wexler zum Drehbuch eben jenes Low-Budget-Films „Saturday Night Fever“, der ein Jahr darauf überwiegend an Original-Schauplätzen entstand.
Retro-Look und Modulbauweise
Mehr als ein Jahr vor der Premiere auf der Wilhelmsburg beschäftigte sich die Bühnenund Kostümbildnerin Petra Mollérus mit der dortigen Ausstattung des Musicals, die von den Illustrationen zu Cohns Artikel inspiriert erscheint: Es dominieren die Farben Türkis, Pink, Lila, Kupfer und Silber. Ein Großteil der Retro-Flitterkostüme wurde aus dem Theaterfundus gesucht und abgeändert. Der dreiteilige, weiß glänzende Anzug wurde in der Herrenschneiderei für Luder maßangefertigt. Assoziative Bilder erzeugten auch die Science-Fiction-Filme der späten 1960er-Jahre, zum Beispiel „Star Trek“ nach Gene Roddenberry und „2001: A Space Odyssee“ von Stanley Kubrick. Die futuristischen Kostüme der acht Clubsänger:innen wurden aufwendig und zum Teil aus mehreren Lagen Lamé, aufgenähten Paillettenbändern und dehnbaren Stäbchen in der Kostümabteilung kreiert. Deren größter Kostenfaktor waren 23 Paar Flamenco-Schuhe aus Andalusien für die Tänzerinnen und 13 Paar Ballroom Shoes für die Tänzer, alle mit Gummisohlen bestückt. Wow-Effekte erzielten auch die Plateaustiefel und Rothaarperücken der Brooklynites. Die wiederverwertbare Unterkonstruktion des Dekobaus in Modulbauweise (Ventum-S und Hoac) besteht aus einer rostfreien Aluminiumpodesterie und einem Podestdeckel aus Siebdruckplatten aus dem Fahrzeugbau. Diese Entscheidung verursachte zwar zunächst höhere Anschaffungskosten, die sich jedoch durch die Mehrfachnutzung und dadurch wegfallende Kosten für die Entsorgung, die verkürzten Auf- und Abbauzeiten, entfallende Bauzeiten für Bühnenbilder sowie die variable Einsetzbarkeit bereits ausgezahlt haben. Spindelfüße glichen variabel Bodenunebenheiten aus, ein leichtes Gefälle der Bühne sorgte für einen optimierten Wasserablauf. Die Herstellerangaben für die Podeste dienten dem Team als hilfreiche Orientierung, denn die weiteren Bühnenbildelemente wurden Anfang 2025 in den hauseigenen Werkstätten gefertigt, etwa viele hundert Meter Sperrholzstreifen für die Verkleidungen, die zunächst in der Schreinerei zugeschnitten und später im Malsaal bestrichen wurden. Auf Lattenrahmen montiert, wurden sie auf die Metallkonstruktionen, etwa der zehn Meter hohen Beleuchtungstürme, die extern von Nüssli platziert wurden, angebracht. Diese bildeten gleichzeitig die Pfeiler für die Verrazzano-Narrows Bridge, deren Brückengeländer in der Schlosserei geschweißt wurden, ebenso wie die Stahlträger für die Wohnung der Maneros. Auch variable Absturzsicherungen wurden für die Darsteller:innen angebracht. Einige Lattenwände wurden von der Polsterei mit pflegeleichtem, wetterfestem Meshgewebe hinterspannt. Leichte Kunstfaserstoffe und Folien zählen hier zu den favorisierten Materialien. Während das historische „2001 Odyssey“ berühmt für seine spezielle Tanzfläche aus Plexiglas mit über 300 buntblinkenden Lichtern war, musste für die Freilichtsituation auch der Boden modifiziert werden: Dessen Belag wurde in einer Standardrasterung realisiert und die Oberfläche mit Polyurethanlack, in dem Sand beigemischt wurde, gestrichen, wodurch sie bei Nässe rutschfester wurde, aber auch einen etwas abbremsenden Nebeneffekt bekam, an den sich die Tänzer:innen erst gewöhnen mussten. Auch Glitzerpartikel wurden der Farbe für die Blenden der Tanzfläche beigegeben.
Mitreißendes Entertainment statt aktualisierter Sozialkritik
Für das richtige Disco-Feeling sorgten rund 160 Meter LED-Streifen, die in den Zwischenräumen der Podesterie montiert wurden, vier Spiegelkugeln und vor allem Marcus Denks Lichtkonzept, für das rund 120 teils angemietete, teils hauseigene Scheinwerfer, insbesondere Moving-Lights der Firma JB Lighting, zum Einsatz kommen. Für die Starauftritte sorgen zwei Robe-Spot-Verfolgersysteme. In das stimmungsvolle Lighting Design integrierte Denk auch die Westfassade der Burg. Die Tribünen- und Platzbeleuchtung erfolgte vor allem durch asymmetrische Fluter und Illu-Lichterketten. Wie auf den meisten Musicalbühnen dominiert hier der Einsatz von LEDs; nur rudimentär wird noch Glühlicht verwendet. Die Lichtstimmungen wurden in nächtlichen Beleuchtungsproben programmiert, hier auf grandMA2-light-Pulten. Als Intercomsystem kam das drahtlose Bolero von Riedel Communications mit 15 Beltpacks im „standalone Link“-Modus zum Einsatz. Es ermöglicht die Kommunikation zwischen mehreren drahtlosen Beltpacks über ein eigenes, dezentrales Netzwerk und erfordert keine komplexe Matrix-Einheit. Gerade das Zusammenspiel von Licht, Musik und Tanz erzielt einen hohen Unterhaltungswert bei den Zuschauer:innen, die es etwa beim großen Tanzwettbewerb von den Stühlen reißt. Der Regisseur Benjamin Künzel strich rassistische und sexistische Konnotationen, doch bleibt dadurch von der düsteren Atmosphäre der Vorlage wenig übrig. Der sozialkritische Impetus, die aufgerauten psychologischen Brüche der Figuren, die durch Ekstase und Eskapismus nicht zu kitten sind, machen den Stoff komplex und zeitlos, gerade mit Blick auf die Gegenwart. Das Regiekonzept war allerdings mehr von Weichspülen als von Provozieren von Widersprüchen geprägt. Nichtsdestotrotz kann das Team des Theaters Ulm stolz sein auf das bisher Erreichte: Es kann in jedem Fall mit den etablierten Musicalbühnen im deutschsprachigen Raum mithalten, auch wenn man sich dem Druck durch Kostensteigerungen, Etatkürzungen und sonstigen sich ändernden Rahmenbedingungen ausgesetzt sieht. Mitreißendes Entertainment wurde im gemeinschaftlichen Produktionsprozess erreicht, das Publikum sichtlich ins Disco-Feeling versetzt.
Eva Maria Fischer ist freiberuflich als Dozentin und Autorin im Bereich Theater, Kunst und Medien tätig.
„Saturday Night Fever“
Premiere am 7. Juni 2025 am Theater Ulm auf der Wilhelmsburg
Musikalische Leitung: Nicolaus Henseler
Inszenierung: Benjamin Künzel
Ausstattung: Petra Mollérus
Licht: Marcus Denk
Choreografie: Gaëtan Chailly, Sascha Luder
Sounddesign & Tontechnik: Jens Schalle, Felipe Riaño Triviño, Lujendo Ventrucci
Dramaturgie: Christian Stolz
BTR Ausgabe 5 2025
Rubrik: Festivals und Produktionen, Seite 14
von Eva Maria Fischer
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